Das
Crew-Resource-Management (CRM) blickt, nach seiner verbindlichen Einführung Ende der 1980er-Jahre, auf fast
drei Jahrzehnte praktische Erfahrung zurück. War es in der ersten Stufe nur für Cockpitcrews gedacht, erweiterten es die Verantwortlichen in der zweiten Stufe Anfang der 1990er-Jahre auf die
gesamte Flugzeugcrew.
Auslöser waren schwere Flugzeugunfälle, die auf eine mangelhafte Kommunikation sowie ein falsches hierarchisches Verständnis zwischen Kabine und Cockpit zurückzuführen waren.
Es dauerte nur wenige Jahre, da erkannte man auch die Techniker am Boden als wichtigen Bestandteil eines fehlerfreien Fluges. Sie wurden in das CRM-Ausbildungs-System integriert.
Die Stufe 3 des CRM war geboren.
Seit dem Unglück in Überlingen am Bodensee wurde klar, dass auch dringend die Fluglotsen eines solchen Systems bedurften.
Es war die vierte Stufe in der CRM-Entwicklung, Anfang des Jahrtausends.
Seit knapp 8 Jahren erkennen nicht nur die Luftverkehrsgesellschaften, dass auch die
gesamte Unternehmung eines solchen Modells bedarf um die recht hohe Zahl schwerwiegender
Fehlentscheidungen zu
reduzieren.
Das Crew-Resource-Management verfolgt von Anfang an vor allem
ein Ziel:
Die Anzahl der
Fehler in Prozessen und bei Entscheidungen deutlich zu reduzieren und damit die Verkehrsfliegerei als
sichersten und fehlerärmsten Arbeitsplatz zu gestalten.
Als primärer Auslöser von Unfällen und Fehlern wurde von den Forschern schon bei der Einführung des CRM der „Human Factor“ ausgemacht.
Über 80 % aller Flugzeugunfälle waren auf menschliches Versagen zurückzuführen – nicht einer Person, sondern des gesamten Führungs-, Kommunikations- und Entscheidungsmechanismus.
Diese
Erkenntnis lässt sich
nach aktueller CRM-Forschung 1:1 auf
jedes Unternehmen übertragen.
Es hat nichts mit der speziellen Aufgabe von Flugzeugcrews zu tun!
Es sind Probleme, die sich aus den Eigenschaften und Verhaltensweisen von Menschen ergeben. Besonders überraschend war die Feststellung, dass diese
Symptome nichts mit dem Bildungsgrad und der Intelligenz des Menschen
zu tun haben.
Ein Typus hat sich dabei von Anfang an als
besonders anfällig für das
Verursachen fataler Fehler gezeigt: der sogenannte
Alpha-Mensch.
Er verfügt über Eigenschaften, die ihn schnell an die Spitze von Hierarchien bringen.
Hohes Durchsetzungsvermögen, schnelle Entscheidungsbereitschaft und eine ausgeprägte
„ich kann das“ Mentalität gehen oft mit dem Gefühl der Unverletzlichkeit daher.
Dazu, so beschreiben die NASA-Psychologen
Dr. Tony Kern und Jack Barker den Alpha-Menschen, kommt ein ausgeprägtes Omnipotenzgefühl gepaart mit einer guten Portion Impulsivität. Sie wollen stets
sofort die Führung übernehmen und ihre ad-hoc getroffenen
Entscheidungen unbedingt durchsetzen.
Der Gegenpol zu dieser übersteigerten Selbstsicherheit, so Kern und Barker, ist der gefährliche Zustand der Resignation. In Krisensituationen führt das oft ins Verderben oder, in der Luftfahrt, in den Tod. Die vermeintliche Unerreichbarkeit eines Ziels aufgrund der getroffenen Entscheidung verärgert den Alpha-Menschen derartig, dass er, wie Kern und Barker es bezeichnen, in einen
„emotionalen Jetlag“ gerät und zu keiner zielführenden Handlung mehr fähig ist.
In der Luftfahrt trifft man diesen Typus vor allem unter den erfahrenen Kapitänen an.
Alpha-Menschen gibt es in vielen Hierarchien, je weiter oben, desto häufiger.
Die Stufen 1-4 der CRM-Entwicklung haben sich im Wesentlichen mit der „Bändigung“ des Alpha-Wesens „Kapitän“ und seinen Folgen beschäftigt. Es wurde ein
lehrbares Regelwerk für gute Führung entwickelt.
Die
positiven Eigenschaften von Führungspersönlichkeiten werden darin
gestärkt, die
Aufgaben des Teams
klar definiert, die
Hierarchien konstruktiv gestaltet und die beschriebenen Verhaltensdefizite für gutes Leadership eliminiert.
Die Stufe 5 des CRM setzt sich seit gut 10 Jahren mit der doch so klaren Erkenntnis auseinander, dass
Menschen trotz aller positiven Führungs- und Verhaltensmuster Fehler machen. Fehler, die letztlich durch technischen Einsatz nicht verhindert oder behoben werden können.
Vor allem nicht in komplexeren Prozessen wie der Luftfahrt, der Chemie, in der Hochtechnologie oder Medizin.
So befasst sich unter anderem der Brite James Reason, Erfinder des bekannten
Schweizer-Käse-Modells, in der CRM-Stufe 5 mit dem Fehlermanagement.
Voraussetzung für ein
gutes Fehlermanagement sind das grundsätzliche
Funktionieren des CRM in der Crew.
Dazu in einem der nächsten Artikel mehr.