Samstag, 14. September 2019

Der Routinefehler ist unvermeidbar – fatale Fehlerketten nicht!

Eigentlich sollte es ein Clip über die Vorteile guter Simulationen werden. Ist es dann auch noch geworden ;)

Ausgerechnet vor laufender Kamera ist mir beim Start in Westerland/Sylt einer der häufigsten Fehlerarten passiert, die im Leben vorkommen, auch im Cockpit: der Routinefehler (Slip).
Erst wollte ich die Sequenz noch einmal drehen. Dann dachte ich mir: zeig es öffentlich, genau darüber reden wir im Crew-Resource-Management doch immer.
Fehler gehörten zum Alltag des Menschen.


Oft lese ich in Unternehmensleitlinien, dass Fehler machen erlaubt ist, jeder Fehler aber nur einmal passieren darf.
Schon in der frühen Fehlerforschung hat der weltbekannte Fehlerforscher James Reason rausgefunden, dass diese Wunschvorstellung an der Wirklichkeit vorbei geht. Gerade sich wiederholende Routinefehler sind nicht zu vermeiden!
Was zu vermeiden ist, sind die Konsequenzen daraus. Fatale Fehlerketten dürfen aus einzelnen Fehlern eben nicht entstehen.

Dazu müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:


  • Entdeckte Fehler müssen sofort offen und unaufgeregt angesprochen werden, auch in einer Hierarchie.
  • Der den Fehler begehende Mensch muss lernen und ständig trainieren, möglichst unaufgeregt und ohne Aktivismus auf eigene Fehler zu reagieren.
  • Fehler müssen in jedem Fall analysiert und in einem Fehlermanagement-System ausgewertet werden. In der Luftfahrt passiert das im ASRS (Aviation Safety Reporting System).
  • Die Fehlerauswertung muss ständig mit den existierenden Verfahren und SOP´s abgeglichen werden.


Piloten und Crews lernen das notwendige Verhalten von Anfang an, trainieren es ein Leben lang und können so völlig offen mit gemachten Fehlern umgehen. Ständig werden aus dem Fehlermanagement heraus Verfahren verbessert, die Organisation angepasst und neue Verhaltensmuster entwickelt. Das betrifft auch die Kommunikation.

In Unternehmen ist mir der richtige Umgang mit Fehlern bisher extrem selten begegnet. Das QM fristet ein nicht selten isoliertes Dasein, in einer Stabsfunktion. Es entwickelt und weist weitgehend vom grünen Tisch aus an, was in der Praxis oft nicht umgesetzt werden kann.

Der oben erwähnte fatale Satz „Fehler dürfen nur einmal passieren“ verhindert von vornherein den offenen Umgang mit Fehlern. Er ist Gift für eine angstfreie Fehlerkultur!


Richtig wären die Sätze:

Menschen machen Fehler, das ist unvermeidbar. Unsere Aufgabe als Unternehmensführung ist es, eine entsprechende Kultur und Voraussetzungen zu schaffen, dass aus begangenen Fehlern fatale Fehlerketten sicher vermieden werden.

Airline-Crews machen nach jedem Tag gemeinsamer Arbeit ein De-Briefing. Darin besprechen sie offen was gut und was nicht so gut gelaufen ist. Gegebenenfalls melden sie Ereignisse mit Gefahrenpotential in das ASRS der Airline, damit andere Crews daraus lernen und Verfahren bei einer Häufung von Fehlern gleicher Art verbessert werden können. Das Crew-Resource-Management schafft die Verhaltensmuster und Regeln für diese psychologisch sichere Arbeitsumgebung. So geht richtige Führungskultur, Nachahmung empfohlen!

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