Hier meine Übersetzung des NTSB-Textes:
Die FAA betont, dass im CRM die Führungsrolle und finale Verantwortung des Flugkapitäns an oberster Stelle steht.
Der verantwortliche Luftfahrzeugführer (Kapitän) eines Verkehrsflugzeuges hat die klar definierte, oberste Verantwortung und muss seine Autorität für einen sicheren Flug uneingeschränkt geltend machen können. Im Notfall per Befehl.
Der Kapitän hat die gesamte Besatzung gemäß den Verfahren an den notwendigen Entscheidungsfindungs-Prozessen zu beteiligen.
In jedem Fall ist das Teamwork so zu gestalten, dass die Rolle der letzten Autorität (Entscheidung) des Kapitäns unangefochten bleibt.
Bei falsch angewandten CRM-Prinzipen besteht durchaus die Gefahr, dass z.B. ein übermäßig dominanter 1. Offizier die sichere Flugzeugführung negativ beeinflusst.
Wir reden hier ausdrücklich nicht von extrem selten vorkommenden, irrationalen und krankhaften Verhaltensweisen von Kapitänen, die dann vom 1. Offizier abgelöst werden können.
Gemeint ist hier ein missverstandener Entscheidungsprozess nach dem Mehrheitsprinzip oder der „lautesten Stimme“.
Die FAA hat dazu wissenschaftliche Studien in Auftrag gegeben, die die Qualität von Autoritäts-Entscheidungen der Führungskraft mit in der in Gruppen gefassten Mehrheitsentscheidungen nach demokratischem Prinzip vergleicht.
Die Ergebnisse waren eindeutig:
In jedem Fall hatte die Mehrheitsentscheidung eine höhere Risiko- und Fehlerquote.
In der Verkehrsluftfahrt ist durch ständig wissenschaftlich begleitete und weiterentwickelte Auswahlverfahren gewährleistet, dass nur wirklich qualifizierte Piloten auf den Kapitänssitz kommen.
Die Besatzungen wie die Kapitäne werden ständig geprüft und trainiert, so dass ihre fachliche Qualifikation und Führungsfähigkeit immer den aktuellen Anforderungen entspricht.
Das CRM betont die finale Verantwortung des Kapitäns, unterstützt durch die Flugsicherheitsvorschrift 14 CFR 91.3 der FAA:
Der Kapitän hat die oberste Autorität und Verantwortung für die Flugzeugführung.
Er hat im Luft-Notfall das Recht, falls geboten, von jeder Regel abzuweichen, wenn es die Sicherheit erfordert. Er übt dieses Recht in letzter Konsequenz, wenn erforderlich, per Befehl aus.
Warum erwähne ich das?
Immer wieder stelle ich fest, dass in HR-Debatten Autoritäten und Hierarchien grundsätzlich in Frage gestellt werden. Querdenken und Rebell-Sein ist in.
Querdenker tragen bei, sie entscheiden jedoch nur dann, wenn sie in ihrer Rolle dafür vorgesehen sind. Das bestimmt nicht der Querdenker selbst, sondern die dafür verantwortliche Instanz. Entscheidungsfindungs-Prozesse sind dann beendet, wenn die Entscheidung durch die Führungskraft gefallen ist.
Die Führungskraft hat die Pflicht, regelmäßig zu überprüfen, ob mit den Entscheidungen die gewünschten Ziele noch erreicht werden können. Wenn nicht, ist der Prozess zur Entscheidungsfindung neu zu starten, und zwar von Anfang an.
Für die Auswahl und den Einsatz geeigneter Führungskräfte tragen die vorgesetzten Instanzen (Gesellschafter, Aufsichtsräte, Vorstände, Geschäftsführer ...) die Verantwortung.
Hier ist aus meiner Sicht durchaus Veränderungsbedarf in den Verfahren und Verhaltensweisen.
Nicht in Frage zu stellen jedoch sind Hierarchie und klar definierte Verantwortung an sich.
Das ist eine wesentliche Erkenntnis im Crew-Resource-Management!
Das CRM ist unter anderem deshalb so erfolgreich, weil es klare Verantwortung, eindeutige Autorität und richtig gelebte Hierarchie gibt.
Entscheidungsfindung außerhalb von standardisierten Verfahren (FOR-DEC) findet im Team statt, so dass die eingesetzte Führungskraft möglichst alle für eine Entscheidung relevanten Fakten und Optionen kennt.
Entscheiden tut nur der Teamleiter!
Für ein echtes und erfolgreiches Team ist es unabdingbar, dass es gemeinsam und mit Überzeugung diese Entscheidungen trägt.
Die Prozesse und Regeln im CRM gewährleisten, dass die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
So entsteht eine Atmosphäre der psychologischen Sicherheit, in der jeder offen und angstfrei kommuniziert, Fehler klar und sofort angesprochen werden, Rollen absolut eindeutig und verstanden sind und damit letztlich fatale Fehlerketten vermieden werden.
Diese Führungsgrundsätze decken sich mit der aktuellen Forschung und der Praxis weltbekannter und anerkannter Leadership-Experten, wie z.B. John C. Maxwell.
Andere, vermeintlich hierarchielose Führungsprinzipien:
Solche Modelle und Organisationsformen werden oft diskutiert und dabei häufig als ideal dargestellt. Unternehmen wie Gore werden als Beispiel angeführt.
Diese Formen funktionieren weder hierarchielos noch sind sie führungslos.
Um z. B. Schwarmorganistationen oder Ähnliches zu etablieren oder anzustreben, müssen nach Erkenntnissen der Teamforschung zudem ideale Bedingungen erfüllt werden.
Auch in einem gut funktionierendem CRM in Cockpit und Kabine „merkt“ man die Hierarchie oft gar nicht, wenn das Team ideal funktioniert.
Ein Kapitän trifft in 99% der Fälle FOR-DEC-basierte Entscheidungen im völligen Einklang mit der Crew.
Das darf ihn jedoch nicht in seiner finalen Verantwortung und Entscheidungsfähigkeit schwächen. In einer Atmosphäre der psychologischen Sicherheit ist das keine Einschränkung für das erfolgreiche und echte Team.
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