Donnerstag, 28. April 2016

Ich habe einen Fehler gemacht – danke!

Die erfahrene Crew der Boeing 737 einer großen US-Airline startet zum 2. Mal an diesem Tag ihren Shuttle Flug zwischen Miami und Atlanta. Sie war spät dran und stand unter Zeitdruck.
Da die Hilfsturbine und damit der Generator zum Starten der Triebwerke defekt war, ließ der Kapitän das Triebwerk Nummer 1 mit Strom am Gate an um sich dann zurückschieben zu lassen (Push back).
Er rollte mit dem einen Triebwerk zu einer Wartebucht um mit Hilfe des Triebwerks 1 das 2. Triebwerk zu starten.
Dieses Verfahren (crossfeed bleeding) ist gängig und ok, wenn das Hilfsaggregat ausgefallen ist.
Als er die Maschine in der angesteuerten Wartebucht stoppte, griff seine rechte Hand zum Stoppschalter des Triebwerks 1 und legte es wieder still.
Im Moment der Schalterbetätigung war ihm klar, dass er das ja gar nicht wollte und legte den Schalter sofort wieder auf „on“.
Doch es war zu spät, die Turbine stoppte, das elektrische Netz ging auf Batterie-Notversorgung und in der Kabine wurde es dunkel.
Auch beide Navigationssysteme fielen aus und mussten zeitraubend neu gestartet werden.
Die Cockpitcrew forderte erneut einen Schleppwagen an um zurück zum Gate gezogen zu werden. Dort bekam sie wieder Strom zum anlassen des Triebwerk 1.
Der Kapitän informierte die Passagiere und die Crew, dass aufgrund eines technischen Problems das Flugzeug für eine kurze Zeit zurück ans Gate müsse und es zu einer weiteren Verspätung kommt.
Peinlich, nicht wahr?

Ende des ersten Teils der Geschichte.


Übertragen Sie diese Situation jetzt auf einen beliebigen deutschen Fertigungsbetrieb.
Der erfahrene Maschinenmeister hat beim Anfahren einer Fertigungslinie einen Schludrigkeits-Bedienungsfehler gemacht. Die sowieso schon unter Zeitdruck arbeitende Fertigung verliert noch mehr Zeit und es entsteht ein Auslieferungsverzug für den Kunden.

Was passiert jetzt in der Regel in Unternehmen?


Variante 1 des zu erwartenden Szenarios:

Der Maschinenmeister erfindet eine Geschichte, warum er die Fertigungslinie nochmal stoppen musste und bittet die Mitwisser um Stillschweigen, damit der Chef nicht wieder auf die ganze Fertigungsabteilung schimpft.
Da die Kollegen Mitleid mit dem Meister haben und morgen schon ein anderer auf die Unterstützung des Meisters zur Vertuschung eines Fehlers angewiesen sein könnte, spielen die anderen das Spiel mit.
Nach „oben“ wird ein technisches Problem gemeldet, dass man selbstverständlich sofort mit Nachdruck beheben wird.

Variante 2 des Szenarios:

Der Chef erfährt durch Zufall oder „Verpetzen“ den Fehler des Meisters und schimpft kräftig, da der Stammkunde jetzt richtig sauer über den Lieferverzug wird. Die nächste Gehaltserhöhung kann der Meister sich jetzt erstmal von der Backe wischen und die Abteilung muss Überstunden machen!



Ähnliches könnte sich auch im Betrieb einer Klinik oder in jeder anderen Branche abspielen!

Kleine Pause ...



Wir wechseln zum 2. Teil der Geschichte im Cockpit der Boeing 737 unseres Shuttle Fluges.

Der Kapitän und der erste Offizier informieren am Gate die Kabinenchefin über ihr Missgeschick und dass die Maschine an sich völlig in Ordnung sei.
Der Kapitän bittet den 1. Offizier um einen Rollentausch für den nächsten Flug, da er das zum durchbrechen seiner erlebten Fehlerroutine für besser hält.
 Der 1. Offizier übernimmt gerne das Starten der Triebwerke und das Rollen zur Startbahn und der Kapitän den Flug selbst. Eigentlich war es ja anders herum gedacht.
Beide gehen offen, vertrauensvoll und ohne Scham mit der Situation um.
Der Rest des Tages mit zwei weiteren Flügen verläuft ohne besondere Vorkommnisse.

Am Ende des Arbeitstages bitte der Kapitän seinen 1. Offizier zusammen mit ihm den Report über sein Missgeschick zu schreiben. Der Kapitän erklärt sein Verhalten mit einem unüberlegten Routinehandgriff nach Stoppen der Maschine mit nur einem laufenden Triebwerk. Die Hand greift dann routinemäßig zum Stilllegen des zweiten Triebwerks, wie bei der Ankunft am Gate x-mal am Tag üblich.
Da er das Flugzeug in der Wartebucht stoppte und die Turbine 2 ja noch nicht angelassen war, wurde er Opfer dieses „Memory Effektes“ seines Gehirns und seiner Muskeln, wie er es ausdrückte.

Zwei Ursachen machte er dafür aus:
Zum einen der Zeitdruck und aufkommender Stress, zum anderen das ungewöhnliche Startmanöver aufgrund des defekten Hilfsaggregates. 
In Zukunft werde er vorher bewusster nachdenken, bevor er in vergleichbaren Situationen einen Handgriff erledigt.

Den Bericht schickte er seiner Airline und man ging entspannt mit der Crew das übliche Feierabendbier trinken.

Kurze Zeit später berichtete der Kapitän seinem Prüfer vor einem Routine-Simulator-Check von seinem Missgeschick und bat ihn um einige zusätzliche Beobachtungen seiner Routineabläufe und anschließende Tipps zur Verbesserung seines Handlings.
 "Gerne und Danke für ihre Information“ antwortete der Prüfer.

Er bestand das alle drei Monate anstehende Simulator-Training sicher und souverän.

Nach zwei weiteren Wochen – der Kapitän war schon wieder viele Stunden geflogen – meldete sich sein Chef und bat um ein kurzes Gespräch.
Ganz ohne Argwohn trafen sich der Kapitän und sein für den Flugbetrieb zuständiger Vorgesetzter zum Lunch und der Chef bedankte sich nochmal für den genauen und ausführlichen Report über sein Missgeschick.
Er bat den Kapitän auf der nächsten NASA-Flugsicherheitskonferenz darüber einen Vortrag zu halten.
Die NASA ist zuständig für das Erfassen aller Unfälle und Zwischenfälle im Flugbetrieb der Airlines in den USA.
Sie hätte seiner Airline mitgeteilt, dass es häufiger zu dieser Art „Fehler aus Handlungsroutinen unter Druck“ komme. Man möchte daher dieses Thema gerne auf der nächsten Konferenz behandeln um eine Verbesserung der Verfahren für den Umgang mit Handlungsroutinen zu erarbeiten. Daher der Wunsch nach dem Vortrag von betroffenen Piloten.
„Das mache ich gerne“ antwortete der Kapitän. Beide erzählten sich während des gemeinsamen Essens noch ein wenig über ihre Kinder und Familien und gingen gut gelaunt wieder ihrer Arbeit nach.

Nach kurzer Zeit wurde dem Kapitän der Wechsel auf einen Langstrecken Airbus 340 angeboten. Dieses Beförderungsangebot nahm er gerne an

Woher ich diese Geschichte kenne?


Die NASA veröffentlicht seit mehr als 40 Jahren für die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA als neutrale Instanz diese Reports. Damit hat sie durch mehr als 30.000 Meldungen aus Piloten, Crew, Technik oder Kreisen der Flugsicherung im Rahmen des Aviation Safety Reporting Systems (ASRS) die Verbesserung der Sicherheit in der Verkehrsluftfahrt erheblich mitgestaltet.

Das ASRS genießt bei Piloten, Crews, Fluglotsen und bei den Flugzeugtechnikern einen ausgezeichneten und vertrauenswürdigen Ruf.
Fast weltweit wird dieses System mittlerweile kopiert, sogar in Ländern wie China und Russland.

Die Basis dafür ist das bestrafungsfreie Fehlermelde- und Managementsystem im Rahmen des Crew-Resource-Managements (CRM).
Es hat nicht nur zu einem Rückgang von fatalen Flugzeugunfällen um 90 % seit 1990 geführt, sondern auch zu deutlich mehr Zufriedenheit und Effizienz bei den Teams im Flugzeug, der Technik und in der Flugsicherung.

Donnerstag, 21. April 2016

Entscheiden unter Druck und Stress (Management)

Zur Entscheidungsfindung unter Druck gesellt sich nicht selten Stress.

Hier ist neben einer wirksamen Stressvermeidung-Strategie auch Stressmanagement gefragt.

Denn, nicht jeder Stressfaktor lässt sich vermeiden, dennoch aber entschärfen.

Unter Stress werden 11-mal mehr Fehler gemacht als unter regulären Arbeitsbedingungen.

Mit dem Crew-Resource-Management (CRM) vermeiden Sie das wirksam.

Die Methoden und Werkzeuge des CRM lassen sich auch auf den Alltag einer Führungskraft im Unternehmen anwenden, egal in welcher Branche Sie arbeiten.

Know how und Trainieren ist auch hier die Erfolgsformel ;)

Zwei spannende, neue Videoclips zum Thema aus dem Cockpit


Teil 1


Teil 2


Montag, 11. April 2016

Nach Sicht fliegen geht nur bei gutem Wetter


Sie sind in Hochstimmung, Ihr Geschäft läuft wie am Schnürchen.
Vergessen sind die Zeiten, wo die morgendlichen Auftragseingänge Ihnen Sorgenfalten ins Gesicht trieben.
Jetzt heißt es, das Wachstum in Output umzusetzen um auch alle Kunden bedienen zu können. Alles muss schneller laufen, ausruhen können wir uns später.


Schnelles Wachstum ist toll.


Umsatz und Liquidität steigen an.
Ab und zu erinnert der Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer mal an den Aufbau oder die Anpassung eines geeigneten Controllings. Ja, später, der Kunde geht vor.
Mitarbeiter werden eben mal schnell gesucht und eingestellt.
Die Sonne scheint, der Himmel ist blau.



So werden aus Inhaber und wenigen Mitarbeitern in kurzer Zeit Mittelstandsunternehmen mit mehr als 60, 80 Mitarbeitern oder mehr, aus 100 Mitarbeitern 1000.
Der Chef und seine engsten Gefolgsleute sind immer auf dem Sprung, das Geschäft hat sich internationalisiert. Es muss viel gereist werden.
Kennen Sie das?
Ich kenne es aus eigener Erfahrung gut. Das Unternehmen blüht.
Es gibt Branchen, die gerade in den letzten Jahren genau diese Sonnenseite erlebten und noch darin segeln. Ein Beispiel ist alles, was mit Bau zu tun hat.
Die Flucht in das Betongold, Zinsen gibt es ja keine mehr.
Es wird nicht selten versäumt, diesem Wachstum parallel eine geordnete, passende und nach vorne blickende Führungs-, Kontroll- und Organisationsstruktur folgen zu lassen.
Mitarbeiter werden in der Führung mehr oder weniger sich selbst überlassen.
Der Chef versucht weiter bis nach unten mit zu regieren. Er hat es früher ja auch so gemacht und man muss ja über alles Bescheid wissen. Er hat es im Griff, vertraut seinem Bauchgefühl, was ihn ja bis dahin erfolgreich vorangebracht hat.

Dann, eines morgens, übergibt ihm ein Mitarbeiter eine Notiz aus der Produktion.

Ein in fast allen Produkten eingesetztes Bauteil weist seit Jahren einen sicherheitsrelevanten Konstruktionsfehler auf. Dieses Bauteil ist nicht zu wechseln, da so verbaut, dass nur eine Neuproduktion des Endproduktes in Frage kommt.

Jetzt übertrage ich diese Situation mal auf das Cockpit und die Kabine eines Verkehrsflugzeuges.


Bestes Wetter, blauer Himmel. Im Flieger wurden wesentliche Navigationssysteme ausgebaut oder sind defekt. Nur der Kapitän kennt das Flugzeugmuster aus Erfahrung, alle anderen Besatzungsmitglieder wurden schnell angelernt. Sind ja erwachsene Leute, die bekommen das schon hin. Außerdem kennt der Captain die Strecke ja auswendig.
Beim Abdocken vom Gate stellt der Copilot fest, dass keine Checklisten an Bord sind.
Egal, der Kapitän kann das eh alles auswendig.
Was die Crew hinten in der Kabine macht, weiß das Cockpit nicht so genau. Die werden sich schon melden, wenn was ist.
Die Kraftstoffanzeigen funktionieren nicht richtig. Macht nichts, der Kapitän hat die Maschine gestern noch mit ausreichend Sprit für die heutige Strecke abgestellt. Der kann ja nicht verdunstet sein.
Die Kiste ist voll und die Leute wollen in ihren Urlaub. Also nicht lange fackeln und los.
Ist ja blauer Himmel und gutes Wetter.
Start, alles bestens, gute Stimmung, Hebel nach vorne.
Auf halber Strecke, der Kapitän macht vorsichtshalber fast alles selbst, da der Copilot den Flieger ja nicht so kennt, kommt die Nachricht, dass der Zielflughafen wegen einer Bombendrohung geschlossen wurde.
Er liegt auf einer Insel und der nächste passende Flughafen liegt weit auf dem Festland.
Die Karten dafür sind nicht zu finden.
Aber egal, ungefähr Nordwestkurs, das passt schon.
Bei dem Wetter sieht man alles ja rechtzeitig und der Kapitän kennt sich da aus.
Dann erscheint am Horizont, nahe dem Festland eine dunkle Schlechtwetterfront, sehr mächtig, sehr groß.
Das Wetterradar ist defekt, also auf Verdacht mal weiterfliegen. Klappt schon.
Weder Copilot noch Kabinencrew wissen, was der Captain eigentlich jetzt vorhat.
Sie fragen mal kurz nach, weisen auch auf die deutlich verlängerte Flugzeit hin und ob der Kraftstoff denn reicht. Der Kapitän reagiert darauf gar nicht.
Man will ihn auch nicht weiter stören, er hat ja jetzt alle Hände voll zu tun und er kennt das ja. Er weiß schon was er macht.
Mittlerweile hat sich die gesamte Crew komplett der Situation ergeben.
Jetzt in heftigen Gewitterturbulenzen fliegend blinken die Kraftstoff-Warnleuchten beider Triebwerke nacheinander auf. Die Pumpen ziehen Luft, der Kraftstoffdruck reicht nicht mehr aus die Motoren am Leben zu erhalten.
Plötzlich wird es leise im Flugzeug, und dunkel ...

Sie glauben nicht, dass so etwas passiert ist?


Doch, bis zur Einführung des Crew-Resource-Managements (CRM) in der Verkehrsluftfahrt vor 25 Jahren waren solche und ähnliche Szenarien weltweit häufig der Auslöser von Totalverlusten. Auch renommierte Airlines waren davon betroffen.
Die Untersuchungsergebnisse darüber füllen Bände von Büchern.
Erst mit dem CRM ist die Quote solcher Unfallszenarien bis heute auf nahezu Null gesunken.

Und jetzt untersuchen Sie einmal die Ursachen von Unternehmensinsolvenzen oder Fast Zusammenbrüchen, meistens mit gewaltigen Arbeitsplatzverlusten und einem Eigentümerwechsel verbunden.
Sie werden erschreckende Parallelen zur Situation in der Verkehrsluftfahrt vor 25 Jahren feststellen.

Und wie fliegen Sie Ihr Unternehmen?

Samstag, 9. April 2016

Das erfolgreichste Führungssystem der Welt – Einführungs-Workshop in Hamburg


Auf vielfachen Wunsch jetzt auch frei buchbar


In unserem Basis-Workshop FÜHREN WIE IM COCKPIT – EINE EINFÜHRUNG erfahren Sie, wie die Luftfahrt es geschafft hat, sich mit dem Crew-Resource-Management (CRM) zur fehlerärmsten Arbeitsorganisation zu entwickeln.
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Ihr Seminarleiter Thomas Fengler ist nicht nur Pilot mit jahrzehntelanger Erfahrung, sondern auch seit mehr als einem viertel Jahrhundert erfolgreicher Unternehmer. Als Interims-Manager und Berater des europäischen Mittelstandes in fast allen Branchen beherrscht er den Transfer dieses einzigartigen Führungsmodells von der Luftfahrt in Ihre betriebliche Praxis wie kaum ein anderer. Infos, Termine und Buchungsmöglichkeiten finden Sie hier.