Dienstag, 26. November 2019

Recruiting- häufig eine Geschichte des Scheiterns

Warum scheitern Unternehmen heute beim gewinnen neuer Fach- und Führungskräfte?

In meinem neuen Vortrag „Der Weg zur besseren Arbeit – Veränderungen nachhaltig gestalten“, hier bei einer Leadership-Veranstaltung der DAK-Gesundheit und HanseMerkur, seit 2004 die erfolgreichste Kooperation zwischen einer gesetzlichen Krankenkasse und einer privaten Krankenversicherung, berichte ich aus meiner Praxis als Change-Manager in Linien- und Stabsfunktionen.

Ja, es gibt einzelne Unternehmen, mit an sich sehr ungünstigen Rahmenbedingungen (Schichtdienst und Wochenendarbeit), die kein Problem haben genug gute Mitarbeiter zu finden.
Mir bereitete das auch nie Schwierigkeiten.


Sicher, heute ist der Markt dünner geworden, um geeignete oder potentiell geeignete Mitarbeiter zu finden.
Die Gründe, warum Unternehmen so große Probleme damit haben, liegen jedoch woanders.

Donnerstag, 14. November 2019

Erfolgreiches Change-Management = erfolgreiche Führung – die Praxis (3)

Unsere aktuelle Literaturliste zum download (PDF)

In den ersten beiden Teilen habe ich Ihnen meine Führungsgrundsätze und ein Beispiel aus meiner Führungspraxis dazu geschildert.

Im 3. und letzten Teil meiner kleinen Reihe komme ich zu einem beeindruckenden Beispiel guter Führung, das einen Bestseller hervorgebracht hat.
Es stammt aus dem neuesten Werk von Ed und Peter Schein, „Humble Leadership“ (Link zu Amazon).
Edgar Schein gehört zu den Mitbegründern der Organisationspsychologie und Organisationsentwicklung. Er hat u.a. als Professor am MIT einen weltweit exzellenten Ruf.

Die Autoren erwähnen in ihrem neuen Werk das Buch „Turn The Ship Arround“ von David Marquet, ein weltweiter Bestseller über erfolgreiche Führung aus dem Bereich der US-Navy.


David Marquet war Kommandant eines der gefährlichsten Waffensysteme der Welt, einem strategischen Atom-Unterseeboot der US-Marine. Er wurde 1999 berufen, die „Santa Fe“, ein atomar getriebenes Jagd U-Boot der Los Angeles Klasse mit 110 Mann Besatzung, zu übernehmen. Die Besatzung war in einer desolaten Verfassung, die Moral schlecht und die Performance entsprechend mies.
Marquets Problem: er kannte diesen U-Boot Typ kaum.
So gab er auf seiner ersten Mission einen Fahrbefehl, der auf diesem Boots-Typ gar nicht realisierbar war.
 Seine Offiziere bestätigten den Befehl, die Unteroffiziere ebenso. Erst als das letzte Glied der Kette, ein einfacher Mannschafts-Dienstgrad am Kommandopult der Steueranlage tatenlos verharrte wurde Marquet bewusst, dass etwas nicht stimmte. Keiner seiner Führungskräfte an Bord gab ihm einen Hinweis, alle führten kritiklos eine Befehlskette aus, die nicht realisierbar, ja sogar gefährlich war!
Marquet wusste jetzt: das bisherige Führungssystem ist gefährlich.

Fasse ich die Erkenntnisse von Marquet und Edgar Schein zusammen, komme ich zu dieser stichwortartigen Essenz:

Klassischer Navy-Weg:

  • Befehle empfangen
  • Tradition bewahren
  • Fehler vermeiden


Ergebnis:

  • Geringe Moral
  • Wenig Selbstvertrauen
  • Kaum Performance

Kapitän Marquet:

Moral heben -> Matrosen sollen Stolz entwickeln auf ihre exzellente Arbeit und Initiative ergreifen

Er verbrachte viel Zeit überall auf dem Schiff und stellte viele Fragen, bis ihm wirklich geglaubt wurde, dass er es ehrlich meinte.

Are you happy with things as they are on this ship, or would you like to see a better way of doing things?

Sind Sie zufrieden damit, wie es hier auf dem Schiff läuft, oder würden Sie es gerne sehen, wenn man die Dinge auf eine bessere Weise erledigen würde?


The next key question was whether THEY saw any current procedures that THEY wanted to change.

Sehen SIE Abläufe, die SIE ändern möchten?

Er änderte das System, Befehle zu erteilen, die auf einer Empfehlung eines Anderen basieren: „Sir, I inted to ... (change course, increase speed, etc.)“ to which the senior officer would respond “Very well” if it made sense.

Vorher: request permission to; I would like to; what should I do about; do you think we should; could we
Nachher: I inted to; I plan to; I will, we will (to train people to feel more empowered and specific in their intent

Vorher: Bitte um Erlaubnis zu; ich würde gerne; was sollte ich in dem Fall tun?; denken Sie wir sollten; könnten wir?

Nachher: Ich beabsichtige, plane, werde, wir werden (verantwortungsvoller und spezifischer)

Ergebnis:

Es ist möglich ein Top-Down-Kontroll-System in ein selbstverantwortliches zu wandeln, ohne die Hierarchie aufzugeben.

3 Zutaten gehören dazu:


  • Organisation bereit
  • Führung demütig und konsequent
  • ständiges Training

Um von der reinen Fehlervermeidung zur sinnerfüllten, exzellenten Arbeit zu kommen, braucht es Geduld, Durchhaltevermögen und totale Konsequenz über eine lange Zeit.


Jetzt sagen Sie, das ist übertrieben, solche Beispiele gibt es in der Wirtschaft nicht.

Wieviel möchten sie hören?
Wollen wir mit Volkswagen anfangen, oder Thyssen-Krupp, oder doch lieber mit der DB oder der Deutschen Bank?

Na gut, sagen Sie jetzt, bei Konzernen kann das ja mal sein, aber nicht im Mittelstand.
Ok, wen nehmen wir da? Kettler, Leysieffer?

Alles sind aktuelle Beispiele, die durch die Presse gingen. Alle laufen nach dem Muster von Kapitän Marquets Erfahrungen beim Geben eines falschen Fahrbefehls ab, oder entsprechen meiner Erfahrung Anfang der 1990er-Jahre mit Übernahmen ostdeutscher VEB (Teil 2 meiner Reihe).

Der einzige Grund, weshalb Sie ihren nächsten Flug sicher überleben ist, dass im operativen Luftverkehr genauso nicht mehr gearbeitet wird.
Das Führungsmuster von Captain David Marquet entspricht weitgehend dem
Crew-Resource-Management der Luftfahrt.
Es hat sich derart bewährt, dass Sie bei allen menschlichen Fehlern, technischen Unzulänglichkeiten und organisatorischen Mängeln täglich mehr als zwei Flüge machen müssten, und das hunderttausend Jahre lang, um einmal mit dem Flugzeug abzustürzen.
Noch 1980, vor dem Crew-Resource-Management (Crew-Resource-Management), und dem damit verbundenen Wandel der Führungskultur in der Luftfahrt war ihre Chance tausende Male höher an Bord eines Verkehrsflugzeuges zu sterben.

Meine Erfahrung ist:

Führungskräfte, vor allem im Top-Management, empfinden die Erfahrung eines Veränderungsprozesses nach dem Modell des CRM oft als Befreiungsschlag aus einem in Ketten liegenden, unbeweglichen und ineffizienten Systems.

Quellen:

Schein EH, Schein PA (2018) Humble Leadership – The Power of Relationships, Openness, and Trust. Berrett-Koehler, San Francisco, CA

Turn the Ship Around! (Link zu Amazon) A True Story of Turning Followers Into Leaders (2013)
David Marquet

Donnerstag, 7. November 2019

Erfolgreiches Change-Management = erfolgreiche Führung – die Praxis (2)

Unsere aktuelle Literaturliste zum download (PDF)

Im ersten Teil dieser kleinen Reihe ging ich auf meine erste Führungserfahrung als junger Marineoffizier ein, und die dort gewonnen Erkenntnisse guter Führung.
Jetzt musste ich abrupt in eine neue Führungsrolle schlüpfen, in der ich keine Praxis hatte.

Gelten meine vier Grundsätze noch, die ich bei der Bundesmarine erfolgreich leben gelernt habe?

Meine vier Führungsgrundsätze schrieb das Leben als junge Führungskraft
Hier also der zweite Teil meines beruflichen Lebens, als oberste Führungskraft (geschäftsführender Gesellschafter) eines mittelgroßen Industriebetriebes:

als ich mit 28 Jahren unerwartet früh die Nachfolge meines plötzlich verstorbenen Vaters als Unternehmer antrat und die Bundesmarine verließ, bekam ich eine Aufgabe, bei der ich zwar formal oben (dieses Mal ganz oben) stand, jedoch erneut „unten“ anfangen musste.
Nicht nur, dass eine komplizierte Erbfolge zu regeln war, das Unternehmen stand auch vor großen Herausforderungen. Die Öffnung der innerdeutschen Grenze im November 1989 ereignete sich keine drei Monate nach dem Tod meines Vaters.
Jetzt galt es Chancen zu nutzen und Versuchungen zu widerstehen, später ein Beispiel dazu.
Dabei bewährten bewährten sich wieder meine vier Führungsgrundsätze.

Meine freie Zeit widmete ich seit 1981 der Pilotenlaufbahn. Fliegen faszinierte mich schon als Kind. Die Flugzeuge wurden größer, die Lizenzen immer höherwertiger.
 In dieser Zeit lernte ich auch die ersten Entwicklungsstufen des Crew-Resource-Managements der Verkehrsluftfahrt kennen. Darin fand ich genau meine Führungsgrundsätze wieder.
War ich überrascht? Ich weiß es ehrlich gesagt heute nicht mehr.

Erst ein erfolgreiches, echtes Team lässt aus Ideen Innovationen und Erfolge werden
Jetzt zu meinem oben erwähnten Beispiel:
Die ganze Branche (kunststoffverarbeitende Industrie) überbot sich mit Betriebsübernahmen im Osten Deutschlands, gefördert und staatlich gelenkt durch die damalige Treuhandgesellschaft unter Birgit Breuel.
 Meist war es Bedingung, alle der dort arbeitenden Mitarbeiter zu übernehmen und noch weitere vom Staat diktierte Einschränkungen hinzunehmen.

Der Hype nahm groteske Züge an, der jegliche betriebswirtschaftliche Vernunft verblassen lies. Alle waren die größten, viele machten einfach mit.
 Mit meinem Co-Geschäftsführer und meinem Vertriebsleiter, beide erheblich älter und erfahrener als ich, reiste ich an Standorte ehemaliger VEB`s (Volkseigener Betrieb) die zu meinem Unternehmen passten.
Wir waren als Mittelständler mit, zu diesem Zeitpunkt ca. 100 Mitarbeitern, gut im Markt etabliert und mein Vater unterhielt zur ehemaligen DDR schon lange Handelsbeziehungen. Wir kauften dort Zubehörteile für Schreibgeräte. Daher kannte ich einige Betriebe vom Namen bzw. die dort noch im Amt sitzenden Direktoren aus meiner Jugend.

Natürlich hatte auch ich den Drang, meinen unternehmerischen Wirkungskreis in diesem frisch zu bespielenden Feld abzustecken.

Ich hatte es mir jedoch angewöhnt, eines dem FORDEC (Videolink) ähnlichen Verfahren für Entscheidungen solcher unternehmerischer Tragweite konsequent anzuwenden. Dabei hatte mein Team die Aufgabe Argumente zu finden, die meine Meinung kritisch hinterfragten.
Ein Argument kam nach jeder Betriebsbesichtigung und Analyse immer wieder: das was ein VEB mit 100 Mitarbeitern macht, können wir mit bereits vorhandener Technik und Organisation mit weniger als 20 Menschen leisten. Durch die Treuhandauflagen wären wir also mit einem fünf-fachen Personalüberhang in die Arena gestiegen. Betriebswirtschaftlich gesehen wäre das, gerade in der Phase hoher Fremdkapitalzinsen, Wahnsinn und unverhältnismäßig riskant gewesen. Ich ließ also konsequent die Finger davon.
 Auf Tagungen und Messen wurde ich belächelt, als feiger und unerfahrener sowie unpatriotischer Unternehmer angesehen.
Unser Geld steckte ich stattdessen in neue Produkte, einen ersten elektronischen Katalog auf CD-ROM und die Internationalisierung unseres Geschäftes mit Gründung von Niederlassungen in Europa, Afrika und Australien, anstatt in nach westlichen Wettbewerbs-Kriterien nicht überlebensfähige Betriebe.
Keine zwei Jahre später, Anfang 1991 setzen im Osten die ersten Pleiten dieser Art Engagements ein. Dabei gingen dann nicht nur alle Arbeitsplätze der betroffenen Firmen in Ostdeutschland verloren, sondern auch viele in Westdeutschland. Meine Wettbewerber haben nach und nach viele Millionenbeträge ausbuchen müssen, leckten ihre Wunden und vermieden das Thema bei gemeinsamen Veranstaltungen und Treffen.
Vor allem bei Banken hatte ich durch meine „Weitsicht“ einen exzellenten Ruf und wurde in dem einen oder anderen Fall gebeten, an die Wand gefahrene Engagements im Osten zu analysieren. So kam ich zu meiner ersten Unternehmensberatung, und lernte einige neue Branchen kennen. Alleine was ich dort vorfand würde Bücher füllen, die einem Kriminalroman in nichts nachständen.
Mein System zu führen und zu entscheiden hatte sich bewährt – und ich brauchte keine großen, komplizierten Theorien dazu.

Die Fragen an mein Team bevor ich entscheide
Ich hatte eigentlich nie eine besondere Weitsicht – ich hatte lediglich ein Fehler minimierendes Führungs- und Entscheidungs-System, in dem eine fehlerarme und effiziente Teamleistung zur Geltung kam.

Bis heute interessieren mich daher nur in der Praxis bewährte Führungsmodelle. Im Crew-Resource-Management habe ich ein bisher unvergleichlich erfolgreiches, praxisbewährtes Modell gefunden.
 Die daran forschende, internationale Wissenschaft hat einen hohen Praxisbezug.

Im letzten Teil dieser kleinen Reihe, in der nächsten Woche, schildere ich Ihnen ein beeindruckendes Beispiel, wie gute Führung eine kleine Revolution auslösen kann :)
Daraus ist ein Besteller über Leadership entstanden...