kann man das Fehlermanagement mit dem Schweizer-Käse-Modell (Link Wikipedia) von James Reason auch für sich selbst anwenden, außerhalb eines Teams?
Ja, das kann man. Die Barrieren für bestimmte Warnsignale kann man für sich selbst abrufbar machen, wenn es die Situation erfordert. Es erfordert Training und einige Übung in der Selbstreflexion.
Sie können so vermeiden, dass aus einzelnen Fehlern eine fatale Fehlerkette wird. In der Luftfahrt ist eine solche Fehlerkette oft tödlich, in Unternehmen mindestens sehr leidvoll und teuer.
In diesem kurzen Video erleben Sie ein Beispiel aus der Praxis, das mir vor einigen Tagen selbst im Cockpit passiert ist.
In den ersten knapp 2 Minuten sehen Sie die original Situation im Cockpit. Ich mache hier, einen zunächst unbemerkten Fehler, der mir durch eine in meinem Kopf fest etablierte Barriere auffällt und dadurch nicht zu einer gefährlichen Fehlerkette anwächst.
Im De-Briefing ab ca. Minute 2 erkläre ich genau, wie es funktioniert.
In meinem Edutainment-Format auf YouTube (Link zum Kanal) gehört zu jedem Simulator-Flug ein De-Briefing. Dort spreche ich vor allem meine Fehler an, die ich während eines Live-Mittschnitts von anspruchsvollen Flügen gemacht habe – komplett öffentlich.
Über eigene Fehler zu sprechen, ist nicht leicht. Es ist jedoch ein „Must Have“ guter Führung.
Führungskräfte ohne die Fähigkeit zur Selbstreflexion führen meist schlecht. Ihr Verhalten ist nicht authentisch. Das ist Stand der Verhaltensforschung.
Selbstreflexion muss jeder Mensch lernen, die Fähigkeit dazu ist nicht angeboren. Selbstreflexion ergänzt die notwendige Fremdreflexion (Feedback). Nur beides zusammen führt zu gutem und richtigen Führungsverhalten und lässt Sie als Führungskraft ständig besser werden.
Als Verkehrspilot bin ich gewohnt, mehrfach jährlich, auch unangekündigt, von Instruktoren, Psychologen und Soziologen beurteilt zu werden. Zu 50% fachlich, zu 50% als Führungskraft.
Das ist Bestandteil des Führungs- und Arbeitsmodells Crew-Resource-Management (Link zu meiner Themen-Website) der Luftfahrt. Es ist wichtig, vor allem für Kapitäne, sich die eigene Fehlbarkeit ständig vor Augen zu führen. Sich ständig bewusst zu sein, egal wie erfahren man ist, jederzeit Fehler begehen zu können, ist im Cockpit überlebenswichtig.
Das Crew-Resource-Management ist eine Form der Lernenden Organisation. Selbst- und Fremdreflexion sind darin eine unaufgeregte, täglich trainierte Selbstverständlichkeit.
So gehört auch zu jedem Tag einer Crew das De-Briefing. Es ist Pflicht und wird in guten Airlines für das Fehlermanagement protokolliert. Es ist eine Mischung aus Fremd- und Selbstreflexion und sollte in jeder Lernenden Organisation Pflichtprogramm sein.
Außerhalb der Luftfahrt, selbst in der Medizin, ist diese Kultur leider sehr unterentwickelt. Die jährlichen Studien zu Führungsqualität und Mitarbeiterzufriedenheit (z.B. Gallup) belegen das eindrücklich.
Über 80% aller Startups scheitern innerhalb von 3 Jahren, innerhalb von 5 Jahren sogar noch mehr. Und das, obwohl wir eine umfassende, auch staatlich subventionierte, Gründungsberatung für Startup-Unternehmer haben.
Auch M&A für fortgeschrittene Startups, also die Übernahme/Verkauf an Investoren ist in Deutschland ein eher verlustreiches Geschäft. obwohl im Vorfeld viel Aufwand getrieben wird, in Form von Due-Dilligence unter Beteiligung von Legal and Tax Kanzleien.
Das umfassende Scheitern von Startups sowie eine sich immer mehr verändernde Mentalität der jüngeren Generation haben aus Deutschland eine Gründer-Wüste gemacht. In den USA wird dreimal, in den Niederlanden z.B. doppelt so erfolgreich gegründet, gemessen am Anteil von Gründungsunternehmern an der nationalen volkswirtschaftlichen Leistung.
Warum ist das Geschäft, vor allem in Deutschland, so verlustreich? Kann man das vermeiden?
Aus meiner Sicht ja.
In 30 Jahren habe ich viele Unternehmen, auch international, gegründet, gekauft und verkauft. Die ersten Erfahrungen machte ich als beratender Unternehmer im Auftrag einer Landesbank in den frühen 1990er-Jahren mit den Treuhand-Verkäufen in Ostdeutschland. Es handelte sich um ehemalige DDR-Betriebe, die von westdeutschen Unternehmen gierig gekauft und später sehr oft bitter und verlustreich in die Knie gingen. Das schärfte meinen Fokus sehr und ich lernte schnell, genau die Zahlen und Fakten anzuschauen, die in keiner (aufgehübschten) Bilanz stehen. So vermied ich persönliche Verluste als Unternehmer und konnte so manchem Investor und Geschäftsführer helfen, den auch persönlichen Ruin abzuwenden.
Das Investment in Startups ist faktisch zu oft ein Lotteriespiel, in dem meist schon vor Gründung oder Übernahme vermeidbar hohe Risiken ausgeblendet werden.
Wir brauchen nach der Gründungsphase, und in der Due-Dilligence bei Käufen fortgeschrittener Startups einen viel stärkeren Fokus auf den Einsatz von Entrepreneurship in Residence, ähnlich wie in den USA. Dort ist der Kapitalverlust von Investoren deutlich geringer, weil viel schneller und umfassender auf falsche Entwicklungen im jungen Unternehmen reagiert wird. Diese Aufgaben können weder Uni-Praktikanten, noch Anwälte oder Wirtschaftsprüfer alleine leisten.
Hier braucht es erfahrene Unternehmer, die auch die Dinge sehen, die nicht in Excel zusammengebastelt wurden. Erst ein stets aktuelles, auch nach der Gründung ständig zu pflegendes Gesamtbild der jungen Unternehmertätigkeiten vermeidet unnötige Verluste auf der Investoren-Seite.
Was man aus meiner Erfahrung genau anschauen sollte, bevor und während man Geld in Gründungen oder Käufe junger Unternehmen investiert, darum geht es in den Videos meiner kleinen Serie.
Die Welt um uns herum verändert sich zurzeit sehr schnell und wenig vorhersagbar. Solche Phasen gab es immer mal wieder, wenn auch nicht in der Dynamik.
Eine Erkenntnis jedoch ist viele Jahre alt und der Status ist nicht mehr veränderbar: In Deutschland und Europa steuern wir auf ein massives demografisches Problem zu bzw. sind in den Anfängen schon drin.
Ein paar Zahlen dazu aus Deutschland (Statista):
in den nächsten 8-10 Jahren verlieren wir gut 7 Mio Arbeitskräfte (von 20 Mio Vollzeitkräften derzeit) durch Eintritt ins Rentenalter.
Im Jahr 2021 sind 262.000 Arbeitskräfte in eine abschlagsfreie Frührente gegangen, bei 40.000 qualifizierten Zuwanderern. Wir benötigeten 10-mal so viele um nur den Status Quo zu halten. Kein Zuwanderungsgesetz der Welt wird das leisten.
Im Jahr 2022 fehlen bereits 355.000 Fachkräfte, von insgesamt 35 Mio Voll- und Teilzeitkräften.
Status der Produktivität 2022: sinkend, von 2009 bis 2021 Stillstand.
Stand der Automatisierung (Digitalisierung): Eine der letzten Plätze aller Industrieländer.
In den Unternehmen und Organisationen spüren auch Sie bereits jeden Tag die Auswirkungen. Insbesondere in dienstleistungsorientierten Bereichen bricht die Leistung nach und nach ein.
Daher ist die demographische Herausforderung mein Thema schlechthin, vor dem Klimawandel, und vor allen anderen gesellschaftlichen Baustellen. Sie wird für die Lösung aller anderen Herausforderungen in unserer Gesellschaft der entscheidende Faktor, der über Gelingen oder Misslingen in diesem Land entscheidet – davon bin ich überzeugt.
Ich freue mich, dass Herr Dr. Baas mich als Co-Autor angefragt hat und ich ein Kapitel aus meiner Praxis beisteuern durfte.
Neuerscheinung 2023
Heute steht und fällt die Zukunft eines Unternehmens weniger mit verfügbarem Expertenwissen. Sie steht und fällt mit der Stabilität der Organisation in Zeiten schwer- oder unplanbarer Umgebungsparameter.
Ein großer Störfaktor für die Resilienz einer Organisation ist Fluktuation durch fehlende Mitarbeiterbindung. Sie wird überwiegend durch eine überholte, bedrohliche und angsterzeugende Führungskultur ausgelöst.
Laut Gallup fehlt die Mitarbeiterbindung in bis zu 87% aller Unternehmen. (Studie 2022)
Nimmt man den jetzt immer stärker werdenden Effekt des demografischen Wandels hinzu, ergibt sich für viele Unternehmen ein existenzgefährdendes Szenario.
Erstmalig spiegelt sich in den Insolvenzgründen von Unternehmen, aber auch Kliniken, fehlendes Fachpersonal als einer der Hauptauslöser wider.
Fehlende Organisations-Resilienz stoppt jede Innovation – und, vor allem, die dringend benötigte massive Steigerung der Produktivität (Effizienz) zum Ausgleich fehlender Fachkräfte. In Sachen Produktivität hat sich gerade in Deutschland in den letzten 15 Jahren so gut wie nichts bewegt. Und es bewegt sich immer noch nichts.
So wird die Resilienz, also letztlich die operative und strategische Handlungsfähigkeit, weiter massiv negativ beeinflusst.
Was man in der Praxis erfolgreich und nachhaltig dagegen tun kann, darüber schreibe ich in dem neuen Buch aus meiner 30-jährigen Praxis.
Was in Unternehmen unbemerkt und unscheinbar beginnt, endet in Zeiten schneller und unbekannten Veränderungen häufig in fatalen Fehlerketten.
Fehlerketten, die man hätte vermeiden können, wenn wirksame Barrieren im Entscheidungs-Management installiert wären.
Ein wesentlicher Fehler einer solchen Kette ist es, an einem einmal beschlossenen Plan unbedingt festhalten zu wollen. Die Verhaltensforschung bezeichnet das als Plan Continuation Error (Link: Blog-Artikel von mir). Er tritt häufig in Kombination mit dem Bestätigungsfehler auf – ich sehe nur noch das, was meinem Wunschbild entspricht.
Führungskräfte, bis in die Executive-Ebene sind für das Erkennen und Vermeiden solcher fatalen Ereignisketten nicht geschult und trainiert.
Bei Privat-Piloten endet dieses Verhalten immer wieder tödlich. Die europäische Luftfahrtbehörde EASA wie auch die amerikanische Behörde für Verkehrssicherheit NTSB bieten speziell für diese Zielgruppe Kurse und Trainings an, die Elemente des Crew-Resource-Managements CRM (Link: unsere Website) auch für diese Piloten einüben.
In der Verkehrsluftfahrt sind durch das Einführen des CRM als Führungs- und Arbeitsmodell fatale Fehlerketten extrem selten geworden. Ständige Weiterbildung und regelmäßige Checks stellen das Einhalten der richtigen Führungs- und Verhaltensweisen im Team wie auch als Einzelner sicher. Ohne diese eingeübten Verhaltensmuster können Sie kein wirksames Fehlermanagement aufbauen.
Die Medizin belegt das. Durch das dem der Luftfahrt nachempfundenen CIRS (Link: Wikipedia - Critical Incident Reporting System) als Basis für ein nachhaltiges Fehlermanagement sollen fatale Fehlerketten in der Patientenversorgung deutlich reduziert werden. Bisher ist eine mit der Luftfahrt vergleichbare Patienten-Sicherheit in Kliniken nicht annähernd in Sicht.
Es fehlt die entsprechende Führungskultur dazu.
Genauso verhält es sich in anderen Unternehmen. Ein wirksames Fehlermanagement, basierend auf einer dazu notwendigen Führungskultur gibt es nur in den wenigsten Organisationen.
Und genau da liegt der Schlüssel für die robuste Resilienz und Innovationskraft einer Unternehmung.
Nicht was (wer) den meisten Lärm macht ist wichtig!
In der Luftfahrt haben wir für plötzlich auftretende Krisen, in der schnelle, aber richtige Entscheidungen überlebenswichtig sind, klare und gut eingeübte Team- und Verhaltensregeln.
Vom ersten Handgriff bis zur Entscheidung ohne vorhandenes Verfahren – wir arbeiten ruhig, sortiert und kommunizieren kurz und prägnant.
In diesem Video erfahren Sie an einem Fallbeispiel, warum Regeln wie "Fly the Aircraft First" und Modelle wie FORDEC so wichtig für gute und zielführende Entscheidungen sind. Sie sehen auch, wie selbst komplexe Situationen im Zusammenspiel mit Verfahren und Entscheidungsfindung unter Druck schnell aufgelöst werden können.
Und, last but not least, warum De-Briefings sehr wichtig für ein gutes Fehlermanagement sind.
Zum Ende des Videos fasse ich in meinem De-Briefing noch einmal die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und baue die Brücke zu Ihren richtigen Handlungsmustern als Führungskraft.
Es sollte ein ganz normaler, kurzer Flug werden, bei bestem Wetter...
22.6.2023 – Es war die bisher schwerste Gewitterlage in diesem Jahr. Von West nach Ost zogen teils schwere Gewitter in dichter Linie über Deutschland.
Es geschah mit Ankündigung, so konnte ich das Szenario gut für eine Demo im Simulator nutzen, da ich die Lage parallel, in Echtzeit mit allen Ereignissen realitätsnah abbilden konnte.
Hier die Schlüsselszene (Videoausschnitt des Live-Mittschnitts), in der die Entscheidung über eine sichere Landung getroffen wurde.
Die wichtigen Erkenntnisse daraus für den Führungsalltag:
Ereignisketten, bei denen wenig verfahrenserprobte Standard-Lösungen im Vorfeld absehbar sind, brauchen in der Vorbereitung schon einen Plan B, besser noch einen Plan C. Im Unternehmen sind das beispielsweise Innovationen, deren Ausgang nicht vorhersagbar sind.
Schon in der Planung solcher Vorhaben, braucht es klare rote Linien, wie z.B. Budget-Limits, bei denen das Stopp-Signal für Plan A kommt. In der Luftfahrt gibt es diese Linien und jedem Kapitän sind sie präzise bekannt und eingeübt.
Bei zu treffenden Entscheidungen außerhalb von Verfahren ist ein bewährtes Entscheidungs-Findungsmodell Pflicht. Die Luftfahrt nutzt u.a. FORDEC. Es lässt sich auch in Unternehmen und anderen Organisationen gut anwenden.
Für Vorhaben dieser Art müssen klare, von jedem Teammitglied verstandene Ziele festgelegt sein. In der Luftfahrt ist das immer der sichere Flug. In Unternehmen ist das nicht so einfach. Planen Sie im Vorfeld ausreichend Zeit für einen klare, sehr konkrete Zielfindung ein. Eine von mir wahrgenommene große Schwäche in Unternehmen.
Die Rollen im Team müssen eindeutig und klar geregelt und jedem bekannt sein. Dazu vergebene Verantwortung braucht eindeutige Entscheidungskompetenzen. So kann in der Luftfahrt z.B. von der Flug-Verkehrskontrolle (ATC) niemals ein Gewitterdurchflug erzwungen werden. Die Entscheidung über den Flugverlauf in kritischen Situationen liegt allein beim Kapitän des Flugzeuges.
Planen Sie wirtschaftlich und logistisch den Plan B und C mit ein. Im Cockpit planen wir z.B. genug Kraftstoffreserven für die ungünstigste Variante des Flugverlaufs ein. Auch kommuniziert der Kapitän die Pläne B und C mit der Crew im Briefing und der betroffenen Bodenlogistik, um z.B. Passagiere ggf. vom Ausweichflughafen weiter zu transportieren oder dort kurzfristig unterzubringen. Hier erlebe ich in der unternehmerischen Führungspraxis schlimme Versäumnisse in Planung und Kommunikation. Das Konstrukt Unternehmenskommunikation ist in meiner Wahrnehmung oft sehr verbesserungswürdig und auf Fälle außerhalb von Regelabläufen nicht oder nur sehr rudimentär vorbereitet.
Nach jedem Projekt, gerade aus solchen Situationen, erfolgt ein präzises und offenes De-Briefing. Fehler aller Beteiligten werden deutlich und direkt angesprochen und in einem Fehlermanagement-System verarbeitet. Daraus gehen zeitnah Handlungsempfehlungen für die Zukunft hervor, und werden an alle Beteiligten und andere betroffene Menschen im Unternehmen kommuniziert. Die Luftfahrt hat das ASRS (Aviation Safety Reporting System). Das Verarbeiten sicherheitsrelevanter Erkenntnisse erfolgt im ASRS weltweit innerhalb weniger Tage, in dringenden Fällen in wenigen Stunden. In Unternehmen und anderen Organisationen fehlt ein solches, wie aus dem Crew-Resource-Management = CRM (Themenseite von mir dazu) geborenes System komplett. Weitgehend fehlt es sogar in der Medizin bzw. Gesundheitsbranche.
Diese Erkenntnisse können Sie aus dem 5-Minuten Video-Ausschnitt des Fluges von Hamburg nach Köln ziehen. Den ganzen Flug (95 Minuten), einen Live-Mitschnitt, finden Sie auf meinem YouTube-Kanal oder direkt hier
Das erfolgreiche Umsetzen dieser Erkenntnisse ist an Verhaltensmuster einer Lernenden Organisation, insbesondere für Führungskräfte, beginnend ganz oben, gekoppelt.
Ich setze die Lernende Organisation in Führungs-Mandaten aus dem Modell des CRM der Luftfahrt in Unternehmen um. Das CRM ist das erfolgreichste Führungs- und Arbeitsmodell einer Lernenden Organisation weltweit.
Es macht die Luftfahrt nicht nur unvergleichlich sicher (fatale Fehlerketten werden vermieden), sondern auch operativ hocheffizient.
So ist auch das Ziel des CRM seit Start in den frühen 1980er-Jahre definiert.
In Deutschland gibt es nur sehr wenige Unternehmen, die in dieser Führungskultur arbeiten.
Die dringende Notwendigkeit einer solchen ist jedoch seit Beginn der 1990er-Jahre wissenschaftlich klar belegt und beschrieben, u.a. von Edgar Schein (Wikipedia).
Eine Lernende Organisation ermöglicht schnelle, richtige Entscheidungen bei unvorhersehbaren Veränderungen, schafft einen signifikanten Effizienz- und Produktivitätsgewinn, Innovation und einen deutlichen Wettbewerbsvorteil durch zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Hierarchien der Organisation.
Das Gelingen einer Lernenden Organisation liegt in einer deutlichen Verhaltensänderungder Führungskräfte in der Organisation, beginnend oben, ganz oben. Nur das ist das K.O.-Kriterium – nicht Wissen, nicht Strukturen und vor allem keine HR-Kosmetik.
In meinem „Verhaltenshaus“ sehen Sie klar, worauf es in der Praxis ankommt und in welcher Reihenfolge die Zielkultur einer Lernenden Organisation umgesetzt werden muss.
Alle anderen Change-Ansätze scheitern gänzlich oder zeigen keine nachhaltigen Erfolge.
Im Moment beschäftige ich mich wieder sehr intensiv mit den Aussagen von Daniel Kahneman (Wikipedia) zu den Themen Selbstreflexion und Wege zur nachhaltigen Verhaltensänderung.
Anflug auf Madeira
Kahneman kommt in seinem sehr empfehlenswerten Buch "Schnelles Denken, langsames Denken" (Amazon) nicht nur zu der Auffassung, dass die Änderung der eigenen Haltung (nachhaltige Verhaltensänderung) die schwierigste Aufgabe für den Menschen überhaupt ist – sie ist auch sehr schwer lehrbar. Noch so vernunftsorientierte Zahlen, theoretische Modelle und Statistiken voller Wahrheit bewegen den Menschen leider nicht zu einer Änderung seiner eigenen Haltung. Das ist in von Kahneman ausgewerteten und selbst durchgeführten Studien vielfach belegt.
Der Mensch ändert seine Haltung am ehesten durch Vorleben (Vorbilder) sowie durch eigenes Erleben.
Beides kann ich in den, zusammen mit EASA-Trainingsexperten für Führungskräfte (nicht Piloten) entwickelten Szenarien bei mir im professionellen Airliner-Cockpit (A320) seit nun fast 10 Jahren wirksam für jeden Manager sicht- und erlebbar machen.
Daher gehört das Cockpit für mich noch immer, auch in meinen Mandaten, zum integrierten Bestandteil die Grundsätze und Regeln einer Lernenden Organisation nach dem Vorbild des Crew-Resouce-Management (Wikipedia) der Luftfahrt zu lehren und erfolgreich in der Führungspraxis umzusetzen.
Die Luftfahrt lebt diese Führungs- und Arbeitsregeln seit fast 4 Jahrzehnten vor.
Kann man führen lernen? Wie kann man sich darauf vorbereiten? Fragen, die angehende Führungskräfte mir oft stellen.
Zur ersten Frage – kann man führen lernen?
Aus meiner Erfahrung, und ich habe meine erste Führungsposition mit 23 Jahren ausgeübt und seitdem viele Führungskräfte ausgebildet, kann man es bedingt lernen.
Warum bedingt?
Es gehört ein gewisses Talent dazu, ein gesundes Maß an Empathie und die zumindest im Grundsatz entwickelte Fähigkeit zur Selbstreflexion und Kommunikation.
Und eine weitere Eigenschaft sollte entwickelt sein: die Liebe zu Menschen. Führen ist in erster Linie Vertrauenssache, also eine intakte Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter/in. Beziehungen entstehen und leben immer auf der menschlichen Ebene. Als Führungskraft darf ich meine mir anvertrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht als Erfüllungsgehilfe einer Sache sehen. Ein solches Benutzen von Menschenführt immer zu einer gestörten Beziehung und damit zu einer ineffizienten und fehleranfälligen Kommunikation.
Welchen Mix an Wissen, Fähigkeiten und Erfahrung benötige ich, um eine gute Führungskraft zu werden?
Die beiden besten Führungsschulen, die ich erlebt habe, waren die der Bundeswehr (in meinem Fall die Offiziersschulen der Marine) und die Ausbildung zum Flugkapitän nach dem Modell des Crew-Resource-Management.
In beiden Fällen stimmten Modell, Methodik und Didaktik zielrichtig für die darauffolgenden Führungsaufgaben.
Insbesondere das Crew-Resource-Management (CRM) lässt sich als Modell sehr gut in die betriebliche Führungspraxis überführen. Betreffend Methodik und Didaktik sind beide erwähnten Schulen, also die des Militärs als auch die renommierter Verkehrsfluggesellschaften für die Übertragung in Unternehmen und Organisationen gut geeignet.
Über die Inhalte des CRM der Verkehrsluftfahrt und den Transfer über die Lernende Organisation habe ich in meinen Videos und meinen Blog-Beiträgen schon viel geschrieben. Daher konzentriere ich hier auf die in beiden Führungsschulen gleiche Methodik und Didaktik mit denen angehende Führungskräfte zu guten Führungskräften entwickelt werden.
Die Kernpunkte sind:
Kommuniziert wird in klarer, prägnanter Empfängersprache und nicht in einer semi-psychologischen Sprachwelt, die zwar gut klingt, aber oft aussagelos und wenig über das tatsächliche Führungsverhalten aussagt. Und – sprechen Sie, wenn immer möglich, zu deutschen Muttersprachlern deutsch!
Theoretisches Wissen über Führung wird parallel zur praktischen Führung vermittelt. Getrennt oder Vorab gelehrter Theorie fehlt jeder Praxisbezug und das Wissen bleibt totes Wissen.
Fähigkeiten werden im Training und Mentoring der praktischen Führung gelehrt und vertieft. Eine angehende Führungskraft braucht Praxis, Praxis und nochmal Praxis. Ein führungserfahrener Mentor begleitet junge Führungskräfte im Führungsalltag.
Mentoren, die Führen nur aus Theorien kennen, können jungen Führungskräften kaum praktische Hilfestellung geben. Mentoren sollten Vorbilder guter Führung sein! Idealerweise ist der Mentor die eigene, erfahrene Führungskraft.
Angehende Führungskräfte brauchen zeitnahe Reflexion. Daher nutzen Mentoren bzw. Vorgesetzte und Instruktoren nach Trainings- und Praxiseinheiten das De-Briefing als festen Bestandteil der Ausbildung, manchmal mehrfach täglich.
Später folgen nach Phasen unbegleiteten Führungsalltages immer wieder Recurrent-Episoden, mal in Form von Trainings, mal als reine Reflexion mal in Kombination von beidem. Diese Recurrent-Abschnitte begleiten Führungskräfte ein ganzes Führungsleben lang. Hier werden nicht nur die klassischen Führungsthemen wie Kommunikation, Entscheiden und Stressverhalten gespiegelt und immer wieder korrigiert, sondern auch die Fähigkeit zur Selbstreflexion trainiert, und letztlich bewertet.
Last but not least gibt es noch einen großen praktischen Unterschied beider Führungsschulen zur bei uns praktizierten betrieblichen Führung: der Auswahlprozess der Menschen, die überhaupt ein Angebot zur Führung von Menschen bekommen. Im Betriebsalltag entscheidet meist die fachliche Qualifikation, weniger die tatsächlichen Eigenschaften (Persönlichkeitsmerkmale) einer guten Führungskraft. So fallen in den namhaften Verkehrsfliegerschulen bis zu 80% der Bewerber durch. Weniger wegen fachlicher Defizite oder gesundheitlicher Mängel, sondern wegen ungeeigneter Persönlichkeitsmerkmale in Bezug auf Kommunikationsvermögen und Teamfähigkeit. Alpha-Menschen sind in der Regel keine guten Führungskräfte, auch im Cockpit nicht!
Gute Führung wird nicht durch formelle Titel gezeichnet. Gute Führung entsteht in der informellen Welt, der natürlichen Anerkennung als Führungskraft. Gute Führungskräfte sind beliebt, sie werden nicht verlassen, auch nicht, wenn es mal anstrengend wird. Gute Führungskräfte zeigen mit ihren Teams nachhaltige Spitzenleistung bei hoher Arbeitszufriedenheit, egal ob draußen die Sonne scheint, es stürmt oder schneit.
Eine informell anerkannte Führungskraft darf auf eine situationsgerechte Führungsdynamik zurückgreifen, die ihren Schwerpunkt in kooperativer und konsultativer Entscheidungsfindung hat.
Eine gute Führungskraft gibt gerne Verantwortung ab, sie macht sich ersetzbar. Das Team ist froh, wenn sie da ist, aber es ist keine Katastrophe, wenn sie mal nicht (mehr) da ist.
Einer meiner Mentoren sagte mir in meinen ersten Jahren als Führungskraft:
Erstklassige Führungskräfte stellen erstklassige Mitarbeiter ein, zweitklassige nehmen drittklassige.
So habe ich es mir zur vornehmsten Aufgabe gemacht, beim Antritt einer Führungsposition sofort nach Mitarbeitern/innen Ausschau zu halten, die mich ersetzen können.
Und – ich bin immer auf der Suche nach den Rohdiamanten unter meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, in denen gute Führungs-Eigenschaften schlummern. Das schöne ist, ich finde in jeder Organisation solche Menschen, ich muss nur nach den richtigen Eigenschaften schauen. Formelle Titel gehören bei mir nicht dazu!