Mittwoch, 4. September 2019

Komplexe Probleme – einfache Lösungen – fatales Ende!

Was ist eigentlich aus dem Boeing 737MAX Problem bzw. den beiden fatalen Unfällen in Äthiopien und Indonesien geworden?
Ein Aufschrei der Entrüstung ging durch Medien und Öffentlichkeit.
Das Problem wurde sehr vereinfacht dargestellt: ein Schuldiger, der heißt Boeing mit seiner Schlampigkeit aus Habgier und fertig. Entspricht das der Realität? Interessiert niemanden! Es klingt gut, trifft den richtigen, verklärt die Piloten und Airlines zu hilflosen Opfern und verdammt ein Stück weit moderne Technik und Profitsucht. Es fiel in vermeintlich seriösen Medien dazu sogar der Begriff „Killer-Computer“.

Die Verhaltensforschung hat eine seit längerem sichere Erkenntnis:

Es gehört zu den größten Fehlerquellen menschlicher Entscheidungen, komplexe Zusammenhänge und Ursachen zu vereinfachen. Die Lösungen erscheinen dann ebenfalls einfacher, Antworten kann man schnell (aktivistisch) geben, und glaubt damit die Probleme los zu sein.


Einen Fehlerweg, den nicht nur Politiker bravourös gehen gelernt haben, sondern zunehmend auch Manager.

Die Wirklichkeit wird solange vereinfacht, bis die alten Verhaltensmuster für die vermeintliche Lösung passen. Die starke Motivation dazu:

Verhalten verändern erfordert ein hohes Maß kritischer Selbstreflexion und einen sehr anstrengenden Weg persönlicher Verhaltensänderung. Es erfordert viel Selbstdisziplin, und das auch noch unter der Beobachtung eigener Hierarchien. Also versuchen wir doch lieber gleich die Strukturen (Organisation) zu verändern, mit plakativen, einfachen, nicht selten radikalen Maßnahmen, in einer zusammengebastelten Scheinwelt.

Dabei erlebe ich in vielen Unternehmen den immer näher kommenden „Ketchup-Flaschen-Effekt“:
sie schlagen immer wieder kräftig auf den Boden der Ketchup-Flasche, doch es tröpfelt nur ganz langsam etwas heraus. Und mit einem Mal verteilt sich der komplette Inhalt schlagartig auf Ihrem Teller und spritzt auf ihr Hemd. Übersetzt heißt das:
Eine Reihe falscher Maßnahmen führt zu wenigen Konsequenzen, weder positiv noch negativ. Bis auf einmal, recht plötzlich, das ganze Unternehmen ins Wanken gerät.

Was das mit dem Boeing-Unfall zu tun hat? Die (zum Glück) ruhige, präzise und tiefe Analyse des Problems, abseits der öffentlichen Wahrnehmung, hat eine Vielzahl von Schwachstellen im System Effizienzdruck, Hersteller, Airlines, Technik, Ausbildung und Crew zu Tage gefördert. Das führt nun dazu, dass nicht nur die Software des MCAS-Systems überarbeitet werden muss, sondern das gesamte computergestützte Steuersystem des Flugzeuges von Grund auf.

Denn: die Ursache für beide Unfälle ist komplex. Sie liegt in einer Gemengelage von technischem Versagen, hohem wirtschaftlichen Druck, mangelhaft trainierten Piloten und schlichter Fehler beim Berechnen der Betriebssicherheit des Flugzeuges.
 Dazu kamen zufallsbedingte, die Fehlerkette begünstigende Faktoren, wie der Weggang zweier hocherfahrener FAA-Prüfspezialisten für die Boeing 737-Serie mitten im Zulassungsverfahren für die 737MAX.
Zum Absturz gebracht hat beide Maschinen letztlich nicht das technische Versagen des MCAS, sondern eine Kette von Pilotenfehlern im Umgang mit dieser Situation, begünstigt durch schlechte Usability des vorgeschriebenen Fehlermanagements im Cockpit, mangelndem Training und last but not least eines fehlenden „milder“ verlaufenden Präzedenzfalls, der die gravierenden Fehler im System frühzeitiger hätte in den Vordergrund treten lassen.

Wir können dem Crew-Resource-Management der Luftfahrt und der daraus resultierenden offenen, vorbehaltlosen Kommunikation und Genauigkeit in Analyse und Konsequenzen dieser fatalen Fehlerkette dankbar sein. Sie macht einen Wiederholungsfall eines derartigen, systemisch komplexen Fehlers beim Zulassen eines computergesteuerten Mensch-Maschine Arbeitsraumes sehr viel unwahrscheinlicher.

Was hat das mit modernem Management in der übrigen Wirtschaft zu tun?
 Sehr viel!
Vergleichen Sie einfach die Vorgehensweise im Management bei heute auftretenden Problemen und Veränderungen in Unternehmen mit der Differenz der öffentlichen Wahrnehmung zur Wirklichkeit im Fall Boeing 737Max.

Wen es interessiert: im oben eingebundenen Video erfahren Sie den aktuellen Stand der Untersuchung und Entwicklung der Boeing 737MAX Probleme.
Vorsicht, es ist anstrengend und stellt hohe Ansprüche um es wirklich zu verstehen ;)

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