Montag, 3. November 2025

Wohlwollen und Wollen: Schlüssel zur Fehlerkultur

In vielen Unternehmen ist der Wunsch nach einer offenen Fehlerkultur groß. Führungskräfte und Beauftragte kommen mit der Vorstellung, man könne diese Kultur wie ein neues Tool implementieren – schnell, effizient und mit sichtbarem Erfolg. Doch die Realität sieht anders aus.

Das Fundament fehlt oft

Bevor man über Prozesse, Tools oder gar Schulungen spricht, muss das Fundament stimmen: psychologische Sicherheit. Mitarbeiter müssen sich sicher fühlen, Fehler offen ansprechen zu können – ohne Angst vor Sanktionen oder Gesichtsverlust. Vertrauen ist dabei nicht nur ein Schlagwort, sondern die Basis jeder echten Fehlerkultur. Und dieses Vertrauen entsteht nicht durch schöne Worte, sondern durch wohlwollendes Verhalten.

Das Wort ‚Wohlwollen‘ enthält das ‚Wollen‘ – und genau das kann man nicht einfach erlernen. Es ist keine Technik, sondern eine Frage der inneren Haltung. Führungskräfte müssen wirklich wollen, dass ihre Mitarbeiter offen sprechen können. Ohne diese Haltung bleibt jede Maßnahme nicht nur oberflächlich, sondern auch wirkungslos oder verkehrt sich sogar in die gegenteilige Wirkung. Wer vorgibt, Offenheit zu fördern, aber innerlich nicht dazu steht, erzeugt Misstrauen und Frustration.


Führung als Vorbild

Führungskräfte tragen eine besondere Verantwortung. Sie müssen auch an schlechten Tagen vorbildlich handeln, Konflikte managen und Vertrauen aktiv fördern. Im Cockpit – ein oft genutztes Beispiel – sind nicht die fachlichen Herausforderungen das Schwierigste, sondern das zwischenmenschliche Zusammenspiel. Regeln und Verhaltensmuster helfen, aber sie müssen kontinuierlich trainiert werden. Der Mensch ist nicht von Natur aus darauf programmiert, Vertrauen dauerhaft zu halten – es braucht Übung und Konsequenz.

Fehlerkultur braucht Zeit und Struktur

Viele Organisationen unterschätzen den Aufwand. Ein paar Workshops, ein paar Tage Begleitung – und schon soll alles laufen? Das funktioniert nicht. Ohne bestehende Strukturen, Prozesse und eine passende Führungskultur ist der Begriff ‚Fehlerkultur‘ oft nur Kosmetik. Besonders in Branchen, in denen Offenheit nicht gelebt wird, ist der Weg lang und steinig.

Erfolg durch Vertrauen – nicht durch Wunschdenken

Erfolgreiche Beispiele gibt es – vor allem im Mittelstand, wenn der Unternehmer selbst hinter dem Wandel steht. Mit echter Entscheidungsbefugnis, Vertrauen und langfristiger Zusammenarbeit kann eine Organisation von innen heraus saniert werden. Das braucht Zeit, Mut und die Bereitschaft, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Wer diesen Weg geht, profitiert nicht nur kulturell, sondern auch wirtschaftlich.

Fazit

Fehlerkultur ist kein Projekt, das man ‚mal eben‘ startet. Sie ist ein tiefgreifender Wandel, der mit Vertrauen beginnt und mit echter Führung gelebt wird. Wer nur auf schöne Schlagworte setzt, wird schnell enttäuscht. Wer aber bereit ist, ehrlich hinzuschauen und konsequent zu handeln, kann langfristig profitieren – menschlich und wirtschaftlich.


Freitag, 31. Januar 2025

A Go-Around is always an Option – Fatale Fehlerketten vermeiden

A "Go-around" is always an option

Dieser Entscheidungsgrundsatz ist Piloten von Anfang an in die Wiege gelegt. Gute Piloten haben ihn verinnerlicht.

Ein „Go-around“ ist nichts anderes als ein rechtzeitiger Projektabbruch. So rechtzeitig, dass aus einzelnen Fehlern keine fatale Fehlerkette entstehen kann.

Ja, ein zweiter, oder manchmal dritter Versuch führt meistens zu Mehrkosten. Doch die Aussicht des Gelingens wächst enorm. Man lernt aus dem ersten Versuch und justiert nach.

Eine Bewertung, ob weitere Versuche überhaupt Sinn machen, die Ressourcen noch vorhanden sind (im Cockpit z.B. die verbleibende Kraftstoffmenge) und ein Limit, wann das Vorhaben endgültig abgebrochen wird, findet nach jedem Fehlversuch systematisch durch Cockpit-Crew statt.

So gibt in der Regel maximal drei Landeversuche. So vermeidet die Crew, dass die Risikobereitschaft und Ermüdung zu groß werden.


Auch ein komplettes Abbrechen und Ausweichen zu einem anderen Flughafen ist von Vornherein im Flugplan berücksichtigt.
So stellt der Kapitän sicher, dass Sie immer sicher am Boden ankommen, auch wenn es manchmal etwas entfernt von Ihrem eigentlichen Ziel ist.

Die Produktentwicklung langfristig erfolgreicher Unternehmen, wie Alphabet (Google) findet nach genau diesen Grundsätzen statt.

Die Neigung des Menschen besteht leider darin, an einem einmal gefassten Plan viel zu lange festzuhalten (Plan Continuation Error). Das führt meist zum Scheitern, in der Luftfahrt oft zum Tod.

Eine psychologisch sichere Umgebung und eine offene, bedrohungsfreie Führung von Mitarbeitern fördert die Bereitschaft, rechtzeitig das Kommando „Go-around“ zu geben.
Auf diese Weise sind Unternehmen und Organisationen nicht nur erfolgreicher und vermeiden fatale Verluste, sondern auch die Innovationsbereitschaft in den Teams steigt stark.

Zu diesem Thema empfehle ich auch das Buch von Jan Ulrich Hagen „Fatale Fehler…“ (Link zu buecher.de)

Donnerstag, 14. März 2024

Aus FORDEC wird FORDEC For Business

Die Erfahrung aus fast 20 Jahren Praxis im Transfer des Crew-Resource-Management der Luftfahrt in Unternehmen und Organisationen, und mehr als 10 Jahre Praxis- und Lehrtätigkeit im Aufbau von Lernenden Organisationen in der Wirtschaft brachte und bringt uns viele Erkenntnisse.

Das hat zur Folge, dass unsere Module für z.B. Kommunikation, Führen in einer Hierarchie und Fehlermanagement in Lernenden Organisationen immer weiter entwickelt und auf die Unternehmensanforderungen immer besser zugeschnitten wurden. Dabei arbeiten wir auch die neuesten, aber gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Verhaltensforschung und Teamführung in die Updates ein.

Ein großer Schritt war zu Beginn des Jahres 2024 die Überarbeitung des Entscheidungsfindungs-Modells FORDEC aus der Luftfahrt für die aktuellen Anforderungen in Unternehmen.

Warum das nötig war und welche Erkenntnisse uns dazu bewegt haben, erfahren Sie in meinem kurzen Video

Dienstag, 16. Januar 2024

Das mittlere Management – der Schraubstock der Hierarchie

Seit einigen Jahren kommt das Thema Mittelmanagement immer mal wieder in die Schlagzeilen der Wirtschaftspresse. So auch wieder über den gerade vergangenen Jahreswechsel. Auffallend sind die Attribute dieser Führungsposition in den Schlagzeilen.

Von "verhasst" bis "Hölle" wird die Arbeit und das Ansehen der Manager in den eher unteren Führungsetagen von WirtschaftsWoche bis Handelsblatt betitelt.

Die Folge ist, dass immer weniger Menschen in Unternehmen wie Organisationen diesen Einstieg in die Manageretagen wollen. Immer häufiger werden Angebote zum vermeintlichen Aufstieg ins Management abgelehnt. Geld alleine lockt gerade die jüngeren Generation bis Mitte 30 nicht mehr in diesen drückenden Schraubstock der Hierarchie.

Woran liegt das? Kann man Abhilfe schaffen?

Ja, man kann! Aber, wollen die oberen Etagen das auch?

Meine Erkenntnis ist: eher (noch) nicht – oder besser, nicht zu dem Preis, den sie dafür "bezahlen" müssten – nämlich die eigene, wirklich authentische Verhaltensveränderung.

Wann sich wirklich etwas ändert, und welche Hierarchieebene dazu wirklich wirksam in der Lage ist – dazu mehr in meinem kurzen Video.

Freitag, 22. Dezember 2023

Fehlermanagement – Anwendung des Schweizer-Käse-Modells – ein Beispiel aus der Praxis

Eine häufige Frage an mich ist:

kann man das Fehlermanagement mit dem Schweizer-Käse-Modell (Link Wikipedia) von James Reason auch für sich selbst anwenden, außerhalb eines Teams?

Ja, das kann man. Die Barrieren für bestimmte Warnsignale kann man für sich selbst abrufbar machen, wenn es die Situation erfordert. Es erfordert Training und einige Übung in der Selbstreflexion.

Sie können so vermeiden, dass aus einzelnen Fehlern eine fatale Fehlerkette wird. In der Luftfahrt ist eine solche Fehlerkette oft tödlich, in Unternehmen mindestens sehr leidvoll und teuer.

In diesem kurzen Video erleben Sie ein Beispiel aus der Praxis, das mir vor einigen Tagen selbst im Cockpit passiert ist.

In den ersten knapp 2 Minuten sehen Sie die original Situation im Cockpit. Ich mache hier, einen zunächst unbemerkten Fehler, der mir durch eine in meinem Kopf fest etablierte Barriere auffällt und dadurch nicht zu einer gefährlichen Fehlerkette anwächst.

Im De-Briefing ab ca. Minute 2 erkläre ich genau, wie es funktioniert.

Freitag, 17. November 2023

Lernen Sie über Ihre Fehler öffentlich zu sprechen – das De-Briefing

In meinem Edutainment-Format auf YouTube (Link zum Kanal) gehört zu jedem Simulator-Flug ein De-Briefing. Dort spreche ich vor allem meine Fehler an, die ich während eines Live-Mittschnitts von anspruchsvollen Flügen gemacht habe – komplett öffentlich.

Über eigene Fehler zu sprechen, ist nicht leicht. Es ist jedoch ein „Must Have“ guter Führung.

Führungskräfte ohne die Fähigkeit zur Selbstreflexion führen meist schlecht. Ihr Verhalten ist nicht authentisch. Das ist Stand der Verhaltensforschung.

Selbstreflexion muss jeder Mensch lernen, die Fähigkeit dazu ist nicht angeboren. Selbstreflexion ergänzt die notwendige Fremdreflexion (Feedback). Nur beides zusammen führt zu gutem und richtigen Führungsverhalten und lässt Sie als Führungskraft ständig besser werden.

Als Verkehrspilot bin ich gewohnt, mehrfach jährlich, auch unangekündigt, von Instruktoren, Psychologen und Soziologen beurteilt zu werden. Zu 50% fachlich, zu 50% als Führungskraft.

Das ist Bestandteil des Führungs- und Arbeitsmodells Crew-Resource-Management (Link zu meiner Themen-Website) der Luftfahrt. Es ist wichtig, vor allem für Kapitäne, sich die eigene  Fehlbarkeit ständig vor Augen zu führen. Sich ständig bewusst zu sein, egal wie erfahren man ist, jederzeit Fehler begehen zu können, ist im Cockpit überlebenswichtig.

Das Crew-Resource-Management ist eine Form der Lernenden Organisation. Selbst- und Fremdreflexion sind darin eine unaufgeregte, täglich trainierte Selbstverständlichkeit.

So gehört auch zu jedem Tag einer Crew das De-Briefing. Es ist Pflicht und wird in guten Airlines für das Fehlermanagement protokolliert. Es ist eine Mischung aus Fremd- und Selbstreflexion und sollte in jeder Lernenden Organisation Pflichtprogramm sein.

Außerhalb der Luftfahrt, selbst in der Medizin, ist diese Kultur leider sehr unterentwickelt. Die jährlichen Studien zu Führungsqualität und Mitarbeiterzufriedenheit (z.B. Gallup) belegen das eindrücklich.

Mittwoch, 1. November 2023

Investoren- und Venture-Capital – Risiken minimieren – Verluste vermeiden

Abonnieren Sie die Playlist auf  meinem YouTube-Kanal zum Thema

Venture Capital – Startup – Geld weg?

Über 80% aller Startups scheitern innerhalb von 3 Jahren, innerhalb von 5 Jahren sogar noch mehr. Und das, obwohl wir eine umfassende, auch staatlich subventionierte, Gründungsberatung für Startup-Unternehmer haben.

Auch M&A für fortgeschrittene Startups, also die Übernahme/Verkauf an Investoren ist in Deutschland ein eher verlustreiches Geschäft. obwohl im Vorfeld viel Aufwand getrieben wird, in Form von Due-Dilligence unter Beteiligung von Legal and Tax Kanzleien.

Das umfassende Scheitern von Startups sowie eine sich immer mehr verändernde Mentalität der jüngeren Generation haben aus Deutschland eine Gründer-Wüste gemacht. In den USA wird dreimal, in den Niederlanden z.B. doppelt so erfolgreich gegründet, gemessen am Anteil von Gründungsunternehmern an der nationalen volkswirtschaftlichen Leistung.

Warum ist das Geschäft, vor allem in Deutschland, so verlustreich? Kann man das vermeiden?

Aus meiner Sicht ja.

In 30 Jahren habe ich viele Unternehmen, auch international, gegründet, gekauft und verkauft. Die ersten Erfahrungen machte ich als beratender Unternehmer im Auftrag einer Landesbank in den frühen 1990er-Jahren mit den Treuhand-Verkäufen in Ostdeutschland. Es handelte sich um ehemalige DDR-Betriebe, die von westdeutschen Unternehmen gierig gekauft und später sehr oft bitter und verlustreich in die Knie gingen. Das schärfte meinen Fokus sehr und ich lernte schnell, genau die Zahlen und Fakten anzuschauen, die in keiner (aufgehübschten) Bilanz stehen. So vermied ich persönliche Verluste als Unternehmer und konnte so manchem Investor und Geschäftsführer helfen, den auch persönlichen Ruin abzuwenden.

Das Investment in Startups ist faktisch zu oft ein Lotteriespiel, in dem meist schon vor Gründung oder Übernahme vermeidbar hohe Risiken ausgeblendet werden.

Wir brauchen nach der Gründungsphase, und in der Due-Dilligence bei Käufen fortgeschrittener Startups einen viel stärkeren Fokus auf den Einsatz von Entrepreneurship in Residence, ähnlich wie in den USA. Dort ist der Kapitalverlust von Investoren deutlich geringer, weil viel schneller und umfassender auf falsche Entwicklungen im jungen Unternehmen reagiert wird. Diese Aufgaben können weder Uni-Praktikanten, noch Anwälte oder Wirtschaftsprüfer alleine leisten.

Hier braucht es erfahrene Unternehmer, die auch die Dinge sehen, die nicht in Excel zusammengebastelt wurden. Erst ein stets aktuelles, auch nach der Gründung ständig zu pflegendes Gesamtbild der jungen Unternehmertätigkeiten vermeidet unnötige Verluste auf der Investoren-Seite.

Was man aus meiner Erfahrung genau anschauen sollte, bevor und während man Geld in Gründungen oder Käufe junger Unternehmen investiert, darum geht es in den Videos meiner kleinen Serie.