Freitag, 2. Juni 2017

Chef – da machst Du einen Fehler!

Das klingt nach Revolution.

So war es in der Luftfahrt auch – und es waren sogar zwei Revolutionen.

Ab und zu produziere ich im Simulator für Flug-Interessierte einen Clip, der eigentlich nicht zur Demo der Inhalte des Crew-Resource-Managements dient.

Dennoch erläutere ich darin Zusammenhänge, warum Arbeitsabläufe und Rollen in der Crew so und nicht anders verteilt sind.



1. Revolution – die Trennung von Amt und Funktion
 – die Einführung des „pilot flying (PF)“ und des „pilot not flying (PNF)“


Die Trennung von Amt und Funktion im Cockpit war für eine traditionelle Hierarchie eine bahnbrechende Entwicklung.

Traditionell gibt es den Kapitän und den 1. Offizier. Das sind die Ämter. Die Funktionen waren gleichlautend. Der Kapitän flog das Flugzeug und entschied alles, der 1. Offizier machte die „niedrigen“ Arbeiten und durfte mal fliegen, wenn der Kapitän es erlaubte.

Jetzt wurde die Funktion vom Amt gelöst. Auch der 1. Offizier flog das Flugzeug verantwortlich und der Kapitän schlüpfte in die Rolle des Zuarbeiters.

Dabei bleibt der Kapitän immer der letzte Entscheider. Die Rollen PF/PNF wechseln in der Regel nach jeder Landung.
Auf Langstrecken fliegen zeitweise sogar zwei 1. Offiziere die Maschine, während er Kapitän ruht. Auf einem Schiff ist das schon länger so, in einem Flugzeug war das absolutes Neuland in der Führungs- und Arbeitskultur.

2. Revolution – der Kapitän wird aktiv von einem Mitarbeiter überwacht
 – aus dem „pilot not flying“ wird der „pilot monitoring (PM)“


Erstmals überwachte ein untergebener Mitarbeiter den direkten und anwesenden Vorgesetzten. Der Kapitän, in der Rolle des PF, musste Hinweise auf eventuelle Fehler akzeptieren und ihnen konstruktiv und anerkennend begegnen – „er musste“, nicht „er sollte“!

Das ist die Hauptaufgabe des PM. Auch er ist immer voll verantwortlich für die Sicherheit des Flugzeuges.
Da im Cockpit jedes gesprochene Wort und jeder Handgriff für 60 Minuten aufgezeichnet werden, gibt es auch keine beweisunsicheren Grauzonen bei der Analyse des Verhaltens der Beteiligten im Falle einer Untersuchung.

Was hat die Revolutionen ausgelöst?


Man hatte aus Unfällen und Störungen im Flugablauf die Erkenntnis gewonnen, dass vor allem nach der hohen Automatisierung des Flugablaufes, bedingt durch die nahezu komplette Digitalisierung des Cockpits, große Phasen geringer Beschäftigung entstanden.
Das führte bei beiden Piloten zu einem nachlassenden Fehler- und Situationsbewusstsein.

Was ist daran gefährlich? Der Computer fliegt doch besser als der Mensch


Ja, das tut er. Er fliegt meist besser, aber nicht immer richtig!

Der Computer akzeptiert Eingaben, die in manchen Situationen lebensgefährlich werden können.
Das betrifft vor allem die Navigation. Da die Bordrechner weitgehend selbstständig mit dem Flugmanagementsystem arbeiten, füttern sie den Autopiloten mit den falschen Eingaben und fliegen die Maschine völlig „ahnungslos“ ins Verderben.

Er führt die Befehle aus, kennt keine politischen Grenzen oder Routen, die wegen im Weg stehender Berge gefährlich sind.

So flog ein KAL Jumbo 1983 nachts über sowjetisches Hoheitsgebiet. Den Piloten war das nicht bewusst, glaubten sie doch den Bordrechner mit der richtigen Route gefüttert zu haben. Die Ursache für den Steuerfehler war ein Zahlendreher beim Aufsetzen des Systems am JFK-Airport in New York. Das Flugzeug wurde abgeschossen, da man seitens der Sowjetunion in der aufgeheizten Atmosphäre des Kalten Krieges eine Spionage-Mission vermutete.

American Airlines Flug 965 kollidierte 1995 beim Anflug auf Cali in Kolumbien nachts mit einem Berg, weil Kapitän und 1. Offizier die Übersicht über die Position verloren hatten, als der Fluglotse die vorprogrammierte Anflugroute ändern wollte.
Dabei wählte der Kapitän in der aufkommenden Verwirrung einen falschen neuen Wegepunkt im Bordrechner aus.

Die schon niedrig fliegende Maschine drehte in die hohen Berge ab und zerschellte an einem Hang. Beide Piloten haben dem digitalen Flugmanagement blind vertraut, nicht wissend was das eigentlich macht.



So ist es x-mal in digitalisierten Cockpits passiert, wie man immer wieder bei der Analyse von Unfällen festgestellt hatte.

Der PNF hatte bis dato nicht die Aufgabe, den PF bei seinen Handlungen intensiv zu beobachten, sondern war lediglich mit eigenen Aufgaben belegt, machte Funk und ein wenig Zuarbeit für den PF.

Die aktive Beobachtung und Kontrolle des PF und damit ggf. des Vorgesetzten war nicht als Hauptaufgabe definiert.

War der PF der 1. Offizier und der Kapitän der PNF, war das nicht so problematisch. Denn der Kapitän ist sowieso für die Fortbildung des 1. Offiziers zuständig und hatte diesen dann und wann zu korrigieren. Auch trägt er die Gesamtverantwortung für Mensch und Maschine.
Dem 1. Offizier jedoch stand es bislang nicht zu, seinen Chef zu kritisieren und der Kapitän war es nicht gewohnt damit gelassen und konstruktiv umzugehen.

Das hat sich nun seit einigen Jahren geändert. Intensives Training war und ist nötig um diese hierarchische Hemmschwelle zu überwinden – auf beiden Seiten.

Das schon relativ lange praktizierte bestrafungsfreie und offene Fehlermanagement im Crew-Resource-Management war der Nährboden, auf dem diese letzte zwischenmenschliche Hürde im Team auch unter kritischen Bedingungen und unter Anspannung relativ schnell genommen werden konnte.

Diese Arbeitsweise ist bei Einführung hochdigitalisierter Arbeitsprozesse, an denen Menschen beteiligt sind, auch für Unternehmen ein Modell, Fehler zu minimieren – doch es erfordert ein gravierendes Umsteuern in der Führungs- und Fehlerkultur.

Das Erfolgsmodell dafür gibt es ...

Montag, 29. Mai 2017

Team-Coaching für Manager im Cockpit – klappt die Landung in Hamburg?

Das Cockpit-Team hatte gut 20 Minuten Zeit sich unter den besprochenen Vorgaben des
Crew-Resource-Managements (CRM) aufeinander einzustellen. Dazu gehören die Rollenverteilung, Kommunikationsregeln und ein wirksames Stressmanagement.

Im ersten Clip sehen Sie den Start dieses Coachings und die ersten Erfolge. Dabei erläutere ich die Merkmale für die erfolgreiche Teamführung.

Seien Sie gespannt, ob dem Team im Cockpit ohne jede Flugerfahrung und Vorbildung mit diesen CRM-Regeln für eine erfolgreiche Teamarbeit eine manuelle Landung (ohne Autopilot) mit dem A320 in Hamburg gelingt.



Team-Coaching für Manager im Cockpit – klappt die Landung in Hamburg? from Im Cockpit. Fengler KG on Vimeo.

Dienstag, 23. Mai 2017

Team-Coaching für Manager im Cockpit – live Mittschnitt

Wir hatten die seltene Gelegenheit, den Beginn eines Team-Coachings im Cockpit mit der Kamera zu begleiten. Vielen Dank an die beiden Akteure für die Möglichkeit, diesen Beginn eines Coachings in einigen Szenen festzuhalten.

Beide Manager haben noch nie vorher in einem Cockpit gesessen und sie haben keine fliegerischen Kenntnisse.
Sie haben beruflich auch nichts mit Flugzeugen oder der Luftfahrt zu tun.

In einer kurzen Einweisung von ca. 20 Minuten an einem Modell sage ich kurz etwas über die Steuerfunktionen eines Airliners und erkläre die wichtigsten 5 Bedienelemente.
Wir besprechen, dass es um die Bildung eines erfolgreichen Cockpit-Teams geht.

So starten sie ihre erste Übung in unserem professionellen A320-Simulator. Nach dem Start verlasse ich den rechten Sitz und der „pilot monitoring (PM)“ übernimmt meinen Platz. Der „pilot flying (PF)“ links hat bereits unter meiner Anleitung den Start in Bremen durchgeführt.
Ich habe vorher nicht angekündigt, dass ich das Cockpit verlassen werde.
Wir fliegen in Echtzeit und in einer „Echtwetter“ Situation an diesem 20. Mai 2017 um 15 Uhr Ortszeit.

In dieser Situation startet der Clip.


Kommunikation, Rollenverteilung und Verstehen der Rolle im Team stehen im Mittelpunkt der ersten Übung.
Ich bin der Teamleiter und lebe vor, was ich mit diesen Elementen meine.
Die beiden größten Herausforderungen sind das Sender-Empfänger Verständnis absolut sicher zu stellen (ich kann ja nicht mehr direkt eingreifen) und den Stresspegel möglichst niedrig zu halten um die Fehleranfälligkeit der Teammitglieder auf niedrigem Niveau zu halten.

Als Teamleiter brauche ich dazu eine große, umfassende Übersicht über die Gesamtlage um in kleinen Schritten und in aller Ruhe mit den Akteuren im Team zu kommunizieren.

Ein klares Ziel (beide wissen: sie müssen in Hamburg-Fuhlsbüttel landen), kleine Informationspakete zur rechten Zeit, die Sprache des Empfängers konsequent beibehalten (das ist für mich der schwerste Punkt überhaupt, da die Fachsprache im Cockpit zum einen Englisch ist, zu anderen sehr von Abkürzungen und „Fachchinesisch“ geprägt ist), Vertrauen durch Wohlwollen gewinnen und durch eine entspannte, gelassene Tonlage erhalten sind für mich als Teamleiter die wesentlichen Eckfeiler des Gelingens.

Ich achte sehr darauf, dass die besprochenen Rollen komplett verstanden und sauber eingehalten werden.

Schauen Sie, wie der Transfer in eigene Teamsituationen gleich im Cockpit, während der Übung zustande kommt.

Im nächsten Clip (in Kürze) seien Sie gespannt, ob die beiden Manager im Team in nur 20 Minuten so viel Fortschritte machen, dass sie ihre erste Landung manuell, also ohne Hilfe des Autopiloten hinbekommen.

Freitag, 19. Mai 2017

X Y Z – der Mythos der Generationen

„Mythen erheben einen Anspruch auf Geltung für die von ihnen behauptete Wahrheit“,
so erklärt Wikipedia dieses griechische Wort.

Wir mögen plakative Schlagworte in der Diskussion. Seitdem Tim O´Reilly Anfang des Jahrtausends den Begriff „Web 2.0“ geprägt hat, überschlagen sich diese Redensarten fast ins unerträgliche.
Sind wir bei Web 4.0 oder 5.0, bei Führung X.0 oder Industrie 4.X?
Ich will es gar nicht mehr wissen.

Es sind oft Phrasen ohne echte Aussagen und Inhalte, zur Bedeutungslosigkeit mutiert.
Hilflos versuchen sie, irgendwelche Phänomene zu beschreiben, aber sie bewirken keine Veränderung.

Ähnlich verhält es sich mit den Generationen. Bewege ich mich mit 56 Jahren nun an der Grenze zu X oder was?
Sind unsere Kinder noch Y oder schon ein bisschen Z?



Aus meiner Sicht sind das alles untaugliche Versuche, das sich ändernde Denken und Verhalten der Generationen und Entwicklungen medienwirksam zu beschreiben.
Veränderungen hat es schon immer gegeben, nur nicht im Kontext sozialer Medien oder des TV-Boulevards.

Was ist also neu?


Eigentlich nichts!
Vielleicht geschieht die Veränderung etwas schneller als vor 30 Jahren, vielleicht auch etwas prägnanter – oder doch nicht?

Denke ich an die sogenannten 68er und vergleiche sie mit der „Kriegsgeneration“ so bemerke ich dort schon eine heftige Veränderung in Verhalten und Anspruch.

Immer fällt mir der König, Prediger und Philosoph Kohelet ein, der feststellte:

„Es gibt nicht Neues unter der Sonne. Das ist alles Windhauch und Luftgespinst“

Seit über 30 Jahren begegnen mir junge und ältere Menschen als Führungskraft, Ausbilder, Berater, Unternehmer und Trainer.

Ja, es gibt Veränderungen im Verhalten – aber nicht nur bei jungen Menschen.
Auch das Anspruchsdenken der älteren Generation hat sich entwickelt.
Es gibt neue Voraussetzungen für das Miteinander in Gesellschaft und Arbeitsleben.

Eine wesentliche Wahrnehmung der heutigen Zeit ist für mich das immer schlechtere Bildungsniveau der Hochschulabgänger und Abiturienten im Vergleich zu meiner Schulzeit.
Es mangelt oft an Deutschkenntnissen (bei deutschen Schulabgängern wohlgemerkt), Fähigkeiten in den Grundrechenarten und allgemeiner Basis-Bildung.
Ich stehe immer häufiger vor der Aufgabe, zum Beispiel im Verkauf beschäftigten Mitarbeitern mit Abitur, Berufs- oder Studienabschluss die wichtigsten grammatischen Regeln und grundlegende Prozentrechnung beizubringen, damit die Firma sich nicht bis auf die Knochen blamiert, wenn in einer Mail oder einem Anschreiben mehr als 5 Fehler stecken.
Auch die Basis einer Kalkulation zu vermitteln, ist aus o.g. Gründen eine immer mühsamere Angelegenheit. Da sitzt nicht mal mehr das kleine 1x1.

Wundern kann ich mich darüber nicht.
Die Eltern haben oft mit sich selbst zu tun oder sind schon schlecht gebildet, die Lehrer überfordert und die Schüler stehen alleine im Regen.
Aber – wir sind stolz darauf, dass 50 % aller Schüler aufs Gymnasium oder einem ähnlichen Konstrukt einer neuen Schulform gehen. Was lernen sie da den ganzen Tag?
Sind 50% der Kinder wirklich fähig, zu den Besten des Bildungssystems zu gehören?
Statistisch ist das unmöglich!

Großen Teilen der Jugend wird sogar beigebracht, sie stehe im Mittelpunkt, allein das ICH und die eigenen Ansprüche zählen. Und ihnen wird vorgelebt, wie man das an den Mann bringt.
Ob sie das, was sie von sich selbst denken, auch liefern können, hat noch niemand hinterfragt und eingefordert – bis zum ersten Job im harten Wettbewerb.
Da wird Leistung auf einmal konkret. Es entstehen auf Kundenseite in Geld messbare Maßstäbe.
Bei einigen dauert auch das fast ein Leben lang (Erbengeneration).
Diese Berufseinsteiger motiviert, mit Augenmaß und etwas Geduld auf den Boden der Realität zurückzuholen, ist jetzt immer mehr Aufgabe des Arbeitgebers.
Sie suchen ja die klare Orientierung, die ihnen zu Hause, in der Schule und der Uni verwehrt worden ist. Leider ist auch das in Unternehmen oft (noch) unterentwickelt.
Hier sehe ich eine Mega-Aufgabe der Generationen, die schon 25 oder mehr Jahre im Beruf stehen.

Wohlstand macht satt und bequem, daran sind schon die Römer als Gesellschaft und Volk in einen dramatischen Veränderungsprozess geglitten – um das böse Wort „gescheitert“ nicht zu benutzen.
Warum sollte uns das erspart bleiben?

Eine Gesellschaft, die sich selbst nicht mehr will, kann sich auch selbst abschaffen.
In dem Vakuum entsteht eine neue Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Ob die den Demokratiebegriff dann so versteht, wie die Gründungsväter in einem zertrümmerten Deutschland, ist abzuwarten.
Der erste Demokratieversuch in Deutschland hat mit den Wahlen Anfang der 1930er-Jahre ja ziemlich böse geendet. Jetzt sind wir erst bei beim zweiten Versuch.

Richtig ist auch, dass die Globalisierung Veränderungen beschleunigt sowie Verhaltensmuster und Denken schneller beeinflusst. Also muss auch ich mich schneller verändern und anpassen.
Ob das nun die Führung eines Unternehmens betrifft, die Schule, die Universitäten, mein Verhalten in Gesellschaft und Familie – alles unterliegt schon immer Veränderungen.
Jetzt vielleicht etwas schneller als vor 30 Jahren.

Die Lernebenen verlagern sich teils von der Schule oder dem Elternhaus in die Unternehmen.
Die Lernbereitschaft der jungen Generation ist hoch, sie akzeptiert nur nicht mehr jeden als Lehrer und Vorbild. Das hat ja auch was Gutes!

Ich nehme einfach die Herausforderung an und versuche, Vorbild, geduldig Fragender und Antwortgeber mit klaren, verständlichen und nachvollziehbaren Aussagen zu sein. Dann erreiche ich die Menschen, die ich erreichen will.
Ob sie 16, 25, 40 oder 65 Jahre alt sind – das ist egal.

Die „x y z“ und „Thema.X“-Boulevards meide ich einfach.
Mich interessieren Inhalte mit Substanz, Meinungen derer, die sie schlüssig begründen können und Ratgeber auf Basis von wissenschaftlich oder durch langjährige Erfahrung belegten Fakten.

Dienstag, 2. Mai 2017

Wissen und Einsicht alleine nützen Ihnen nichts

In meinem letzten Artikel habe ich diese Aufgabe aus der Weiterbildung im Crew-Resource-Management (CRM) für Flugzeugbesatzungen veröffentlicht.

Wir nutzen diese kleine Geschichte manchmal in unseren Workshops. Warum?



Sie dient gar nicht so sehr dazu, das Bewusstsein für richtige Führung zu schärfen. Dieses Wissen haben die meisten Führungskräfte durchaus.

Denn, weit über 90% beantworten die dazugehörigen Frage sofort richtig und begründen es auch schlüssig.

Diese Aufgabe soll Ihnen bewusst machen, dass Ihnen Ihr Wissen und die Einsicht nicht viel nützen, wenn Sie die Anwendung dazu nicht nachhaltig und professionell trainieren.

Wir hätten nämlich die Probleme mit der Veränderung der Führungs- und Arbeitskultur in Unternehmen, Kliniken und Organisationen gar nicht, wenn auch über 90% der Führungskräfte so handeln würden, wie sie es theoretisch schon als richtig erkennen!

Der Ist-Zustand:


es wird nur von einem kleinen Teil der Führungskräfte auch konsequent danach gehandelt.

Wie schwer Veränderungen für einen selbst sind, erleben wir jedes Silvester wieder – wenn die guten Vorsätze für das neue Jahr keine 4 Wochen halten (Fitness-Studio Effekt).

Gegen gewohnte Verhaltensweisen, auch wenn sie falsch sind, zu handeln, ist ohne realitätsnahes, methodisch erprobtes Training nicht möglich.

Im Rahmen der 30-jährigen CRM-Forschung ist diese Diskrepanz zwischen Wissen, Einsicht und Handeln immer wieder in wissenschaftlichen Studien bestätigt.
(Beyond the Checklist, Suzanne Gordon, Patrick Mendenhall, Bonnie Blair O'Connor)

Auch führende Manager-Trainer, wie Henry Mintzberg, sagen: wir brauchen keine Führungskräfte, die mehr über Führung wissen, wir brauchen besseres Führungsverhalten.

Donnerstag, 20. April 2017

Jetzt noch mehr Informationen auf unserer Webseite

Die überarbeitete Webseite mit vielen neuen Infos zum Crew-Resource-Management (CRM), unseren Seminaren und Trainings.



In mittlerweile mehr als 100 Gesprächen mit personalverantwortlichen Führungskräften haben wir häufig gestellte Fragen ausgewertet und in neue, prägnante Informationen gefasst.

Donnerstag, 6. April 2017

Wann sind Teams erfolgreich? Die Irrtümer!

Vor einiger Zeit bin ich auf das Thema „Team“ schon einmal eingegangen.
Die Frage war: was ist überhaupt ein echtes Team?

Jetzt habe ich endlich ein echtes Team und schon beginnen oft wieder eine Reihe von Irrtümern. Sie sind mir in meiner Berufslaufbahn schon häufig begegnet.










Irrtum Nr 1:

Ein „echtes Team“ ist auch ein erfolgreiches Team

Das ist in den meisten Fällen fraglich. Es ist zwar unabdingbare Voraussetzung, dass ein erfolgreiches Team auch ein echtes Team ist. Doch das genügt bei Weitem nicht.

In der Weiterentwicklung des Crew-Resource-Managements (CRM) begegnet mir das Thema Team immer wieder. Es ist auch in seiner 5. Entwicklungsstufe zentral präsent.
CRM ist letztlich wegen Teamversagen und nicht wegen menschlicher Einzelfehler geschaffen worden.

Einer der meist zitierten und bekanntesten Teamforscher, J. R. Hackman definiert in seinem Standardwerk Leading Teams fünf Bedingungen für erfolgreiches Team:

1. Es muss sich um ein echtes Team handeln

2. Es muss ein erstrebenswertes Ziel geben
Dazu gehört eine erstrebenswerte und klare Vorstellung von der zu leistenden Arbeit und dem dazugehörigen Ziel

3. Geeignete Struktur
neben einer geeigneten Arbeits- und Kompetenzstruktur brauche ich im Team eine klare Rollenverteilung

4. Fördernde Organisation
meint, eine fördernde Umgebung im Unternehmen

5. Team-Training
regelmäßiges, professionelles Training für Teamarbeit


Fehlt nur eine Bedingung, arbeitet das Team nicht optimal.

Bisher ist mir nur in der Luftfahrt ein stets alle Bedingungen erfüllendes Team begegnet.
Die weltweit einzigartig niedrige Fehlerquote der Luftfahrt-Teams spricht für sich.

Irrtum Nr. 2

Ein großes Team ist leistungsstärker als ein kleines Team

Diese Fehlannahme zieht sich in Unternehmen und Kliniken wie ein roter Faden durch die Organisation.
Schon der IBM-Spitzenmanager für das OS/360 Programm, Frederick Brooks stellte in den 60er Jahren fest, dass die Rechnung in Personenmonaten für Projekte oft zur Selbst-Blockade führt.

Er verglich diese Fehlkalkulation mit der Schwangerschaft einer Frau. Ein Baby kann man nicht schneller bekommen, indem man 9 Frauen einen Monat lang schwanger sein lässt.

In der Teamforschung leitete er das heute noch gültige Team-Gesetz ab, auch „Brooks Law“ genannt:

Vergrößere das Team bei Verzug des Zeitplans und das Projekt verzögert sich noch mehr.

Hackman definiert die richtige Teamgröße auf unter 10, idealerweise bei 6-7 Mitgliedern.

Zur gleichen Erkenntnis kommt auch der bekannte Psychologe Ivan Steiner in mehreren Studien zur idealen Gruppengröße und Teameffizienz.

So hat die CRM-Forschung dazu festgestellt, dass 2-Mann Cockpits mindestens genau so sicher und effizient arbeiten wie Cockpits mit 3 oder 4 Funktionsträgern.

Eine große Herausforderung an Teamkoordination stellt jetzt wieder die Doppelcrew-Strategie für 2-Mann Cockpits (es gibt in modernen Flugzeugen nichts Anderes mehr) auf Langstreckenflügen dar.
Ein unglückliches Vermischen von Rollen und eine ungeeignete Positions-Besetzung kann im Cockpit zu fatalen Folgen führen, wie der Absturz von Air France Flug 447 über dem Atlantik im Jahr 2009 zeigte.
Zum Zeitpunkt des Unglücks flogen zwei 1. Offiziere den Airbus A330, einer davon mit wenig Erfahrung, in einer kritischen Wetterlage alleine. Beide Kapitäne schliefen dabei zunächst in der Crewkabine.
Als der verantwortliche Senior-Captain den fatalen Steuerfehler der Piloten erkannte, war es zu spät. Zu dieser Erkenntnis brauchte der Kapitän über 10 Minuten.
Das Unglück hatte weitreichende Konsequenzen für die Ausbildung und Checks bestehender Cockpit-Teams.

Irrtum Nummer 3

Ein Team braucht keinen Teamleiter

Die Frage ist nach dem Stand der Teamforschung eindeutig und klar beantwortet.

Brauche ich ein Team, brauche ich auch einen Teamleiter

Der Teamleiter kann, je nach Aufgabe und Art des Teams, operativ im Team tätig sein oder nur für die Teamführung verantwortlich sein – ohne eigene operative Aufgabe im Team.
Für den Teamleiter gelten die gleichen Bedingungen, wie für ein erfolgreiches Team.
Hier begegnet mir in den Unternehmen oft Skurriles.

Irrtum Nummer 4

Ich brauche immer ein Team

In seinem Werk Leading Teams weist Hackmann immer wieder auf die Notwendigkeit der genauen und gewissenhaften Aufgaben- und Projektanalyse hin.
Es gibt durchaus Projekte, an denen zwar eine Reihe von Menschen parallel arbeiten, ein Team jedoch eher kontraproduktiv wäre.
Ein Team kann phasenweise nötig sein, im ganzen Prozess oder gar nicht. Das hängt von der genauen Projektform ab.
So arbeiten Komponist, Texter, Interpret und Produzent oft erst alleine, in der eigentlichen Komposition und Veröffentlichung des Stückes dann als Team.

Im erfolgreichen CRM in Cockpit und Kabine spielt das erfolgreiche Team eine zentrale Rolle, mit einem Kapitän als Teamführer, der operativ in das Team eingebunden ist, in verschiedenen, wechselnden Rollen.
So wechseln die Akteure im Cockpit auf jedem Flug ihre Rollen, jeweils vom Pilot Flying zum Pilot Monitoring und umgekehrt.
Ihre hierarchischen Positionen, Kapitän und 1. Offizier bleiben dabei unangetastet.
Der Kabinenchef wechselt seine Rolle nicht, ist aber auch operativ eingebunden.
Ist ein Check-Kapitän mit an Bord, tritt er nur im Notfall ins Team ein, nach Zuweisung durch den amtierenden Kapitän des Flugzeuges. Er beobachtet und bewertet ansonsten das gesamte Team außerhalb der Teamorganisation.

Sie sehen, jede Aufgabe oder jedes Projekt braucht eine sehr individuelle Teamgestaltung, oder eben auch keine, oder nur zeitweise ein Team.
Es lohnt sich in diese Analyse vor Beginn der Arbeit Zeit und Kompetenz zu investieren.
Das kommt leider oft in Unternehmen, Behörden und Kliniken erheblich zu kurz – und dann wird´s teuer oder kostet Menschenleben!


So sterben in deutschen Krankenhäusern nach Untersuchungen des AOK-Bundesverbandes 19.000 Menschen jährlich durch vermeidbare Fehler, also klassisches menschliches Versagen.

Das wäre der wöchentliche Total-Verlust eines vollbesetzten (300 Passagiere) Airbus A330 einer deutschen Airline im deutschen Luftraum.
Würden Sie dann noch ein Flugzeug besteigen?

Die Medizin steht somit da, wo die Verkehrsluftfahrt Anfang der 1980er Jahre stand.
Bei Unternehmen ist das nicht anders, es kostet hier jedoch „nur“ Geld und Arbeitsplätze.