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Samstag, 26. November 2022

Digitalisierung – Fluch und Segen dicht zusammen

Im Moment ist er in aller Munde, der „digitale Fortschritt“ in der Arbeitswelt. Oft wird hier alles untergebracht, was mit „digital“ überhaupt zu tun, oder auch nicht zu tun hat.

Begriffe wie „digital Leadership“ oder „digitale Transformation“ allgemein zu gebrauchen, ohne Präzisierung des eigentlichen Themas, halte ich für überflüssig. Es nützt gar nichts.

„Digital Leadership“ hat nichts mit Technik zu tun


Der laufende Fortschritt und die damit verbundene Automatisierung haben schon immer hohe Anforderungen an Führung und Organisation gestellt. Das ist seit der Nutzung der ersten EDV in den 1970er-Jahren für die meisten Unternehmen spürbar geworden.

Was ist also neu?

Welche Anforderungen sind außergewöhnlich und brauchen völlig neue Ansätze?












Neu ist seit etwa 10 Jahren die globale Vernetzung im Arbeitsleben. Auf einmal beschleunigen sich Prozesse erheblich. Somit müssen die Entscheidungs- und Veränderungsgeschwindigkeiten angepasst werden. Die digitale Technik ist nur der Treiber, ein Mittel zum Zweck. Natürlich müssen auch Führungskr.fte der 1. Ebene verstehen, welche Möglichkeiten und Anforderungen sich damit ergeben. Aber Computerspezialisten müssen sie nicht werden. 

Die bisherigen Führungsstrukturen, gefangen in einer mehr als 100 Jahre alten Führungskultur, sind zu fehleranfällig und langsam. Da setzt „digital Leadership“ an. Prof. Utho Creusen prägte den Begriff aus dieser erkannten Notwendigkeit heraus. Das hat mit Wissen über Computertechnik rein gar nichts zu tun, sondern ausschließlich mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Miteinanderarbeiten, vor allem im Team.

Das erfolgreiche Team prägt „Digital Leadership“


Das Führungs- und Arbeitsmodell Crew-Resource-Management (CRM) der Verkehrsluftfahrt greift genau diese Herausforderung auf, wenn auch aus einem anderen Grund. Hier ist es die dringend notwendige Sicherheit, denn Fehler enden in der Flugzeugkabine schnell tödlich. Das war jedoch schon vor 30 Jahren – da hat in Unternehmen noch kein Mensch von „digital Leadership“ gesprochen. Der große Unterschied zu Creusens Ansätzen ist, dass das CRM ein schon lange in der Praxis bewährtes und lehrbares Modell ist. Letztlich brauchte man in Cockpit und Kabine schnell wirksame und nachweisbare Verbesserungen in Sachen Team und Führung.

Denn in der (mangelnden) Zusammenarbeit lagen die tödlichen Fehlerursachen. Das war die Erkenntnis der Forschung. Auch Harvard-Professor J. Richard Hackman, weltweit renommierter Teamforscher, kommt in seinem bekannten Standardwerk „Leading Teams“ zu den gleichen Ergebnissen und prägte damit das Crew-Resource-Management wesentlich mit.

Doch die Anforderungen durch Digitalisierung und Automatisierung der Arbeitswelt enden hier bei Weitem nicht. Auch das war und ist Ergebnis der CRM-Forschung.

Schnittstelle Mensch-Maschine entscheidet über Erfolg


Organisationsstrukturen und standardisierte Prozesse (SOPs) müssen immer wieder sehr genau überdacht und teilweise neu erfunden werden um die Schnittstelle Mensch- Maschine nicht zu einer (tödlichen) Falle werden zu lassen. Je mehr Automatisierung, desto kritischer wird diese Schnittstellen-Problematik. Unser Gehirn ist nämlich nur begrenzt „umprogrammierbar“. Es folgt jahrtausendelang antrainierten und weitervererbten Handlungsmustern.

Es gibt wohl weltweit keinen Arbeitsplatz, der „digitalisierter“ ist als ein modernes Flugzeugcockpit. Es gleicht mehr Raumschiff Enterprise als der allgemeinen Vorstellung vom alten Haudegen mit Lederkappe und Fliegerbrille, der vor Instrumenten mit zitternden Anzeigenadeln sitzt.

In den 1980er-Jahren, mit der Einführung des voll digitalisierten Cockpits im Airbus A320, wurde der Arbeitsplatz Cockpit neu erfunden. Damals passierte es, dass trotz erstklassiger Ausbildung und hervorragenden Teamgeists zwei der erfahrensten Piloten der Air France nicht schnell genug reagierten. Nur ein Jahr nach dem Erstflug steuerten sie diesen Wunderjet, vollbesetzt mit Pressevertretern und VIPs, vor den Augen der Zuschauer in einen Wald im französischen Mühlhausen wo die Maschine in Flammen aufging.

Die Computer haben Gehirne und Wahrnehmungen getäuscht. Die völlig neuen Handlungsmuster waren, obwohl zigmal vorher trainiert, in diesem Moment nicht schnell genug abrufbar. Bei einem Betriebssystem für PCs würde man sagen, das Cockpit hatte Usability- Schwachstellen, die in einer Grenzsituation den Nutzer (hier die Piloten) überfordert hatten. Es fehlten Erfahrungswerte und erprobte SOPs für diese neue Schnittstelle Mensch- Maschine.

Diese Flugzeugbaureihe wird primär von drei leistungsstarken Bordrechnern geflogen, denen die Besatzung per Solleingaben (Sidestick, Leistungshebel, ...) ihre Absichten bekannt gibt. Eine Revolution im zivilen Flugzeugbau.

Nur 3 Jahre später fiel wenige Kilometer vom ersten Unglück entfernt, beim Nacht-Anflug in Strasbourg, ebenfalls ein A320 vom Himmel. Die Ursache war die gleiche wie beim ersten Absturz: Missverständnis Mensch-Maschine (Computer).

Und es ging weiter: 1993 verunglückte wieder ein A320, dieses Mal der Lufthansa, bei einer Routinelandung auf dem eigentlich völlig unkritischen Verkehrsflughafen der polnischen Hauptstadt Warschau. Verantwortliche Piloten waren zwei hocherfahrene Flugkapitäne, von denen einer sogar Ausbildungs- und Prüfkapitän war.

Eine wesentliche Ursache des Unfalls: Die von den Piloten nicht verstandene Reaktion des Bordcomputers, ausgelöst durch besondere Nässe auf der Landebahn. Nun war es ja nicht so, dass nach den ersten Zwischenfällen nicht gehandelt wurde. Immer wieder wurden die Steuer- und Navigationssoftware der Maschine verbessert, die Bedienungssicherheit erhöht und die SOPs angepasst.



Wegen der Zwischenfälle mit der neuen Fly by Wire Steuerung entschied Boeing sich erst etwa 10 Jahre später für diese Technik. Sie wurde mit der Boeing 777 (Triple Seven) Ende 1995 in den Liniendienst übernommen. Boeing verzichtet bis heute auf die Sidesticks und verwendet klassische Steuerhörner als Eingabeinstrument für die Computer.

Die Sidestick-Steuerung spielte eine wesentliche Rolle beim wohl tragischsten Mensch- Maschine-Unfall der Luftfahrtgeschichte. Im Juni 2009 stürzte der Air France Flug 447, ein Airbus A330, nachts mitten über dem Südatlantik ab und blieb fast zwei Jahre verschollen. In den im Meer versinkenden Trümmerteilen des Airliner starben 228 Menschen. Erst bei der 5. Suchaktion fand man die beiden zum Glück noch intakten Flight- und Voicerecorder.

Endlich konnte das bis dahin völlig rätselhafte Verschwinden dieses Großraumjets aufklärt werden. Die Ursache: kompletter Kommunikationsbruch zwischen Mensch und Maschine, ausgelöst durch eine Kleinigkeit. Und so stürzte ein völlig flugfähiges Flugzeug wegen einer komplett von den Bordcomputern verwirrten Cockpitbesatzung, bestehend aus drei Piloten (Kapitän und zwei 1. Offizieren) ins Meer. Chesley B. Sullenberger, der Held vom Hudson, der im Januar 2009 einen Airbus A320 nach doppeltem Triebwerksausfall unmittelbar nach dem Start sicher auf dem Hudson River vor der Skyline New-Yorks notwasserte, kommentierte den Crash über dem Atlantik mit den Worten: „Mit einer Boeing wäre der Unfall weniger wahrscheinlich gewesen.“ Er hat aus meiner Sicht recht.

Die Gründe: weniger Digitalisierung, weniger neue Handlungsmuster.

Erst nach dem A330 Unfall 2009, 18 Jahre nach Einführung dieses voll digitalisierten Großcomputers mit zwei Piloten, haben der Hersteller und Airlines Ausbildung, Usability und Software so perfektioniert, dass der Mensch auch zur voll digitalen Flugzeug-Technik passt und Fehler dieser Art so unwahrscheinlich sind wie in einem analogen Cockpit. Heute sind die Computer im Cockpit beim Menschen wirklich angekommen.

Ich habe selbst diesen Umstieg miterlebt: vom fliegenden „Uhrenladen“ zu Captain Kirk. Ich musste mein Pilotenleben noch einmal neu erfinden. Computer haben heute noch einen gewaltigen Nachteil gegenüber uns Menschen: sie können in hochkomplexen Situationen nicht im Voraus erkennen und danach handeln, nicht schnell genug selbst lernen und nur auf ihre begrenzt sensible Sensorik reagieren. Um den Menschen im Cockpit oder im Auto komplett zu ersetzen, sind sie viel zu langsam.

Wir werden also an der Schnittstelle Mensch-Maschine noch lange arbeiten müssen, da die Computer in wesentlichen Bereichen ihren Job ohne den Menschen nicht richtig erledigen können.

Nur an dieser einen von mir beschriebenen Schnittstellen-Problematik sehen Sie, dass ein einseitiges, undifferenziertes Einfordern der Digitalisierung nicht immer zielführend ist. Als Argument für fehlenden Digitalisierungswillen in den Führungsetagen wird von der Softwareindustrie gerne das fehlende Verständnis der digitalen Technologien, z.B. cloudbasierten Datenspeichern und Netzwerken angeführt. Daran hängen jedoch neben einer notwendigen neuen Führungskultur (digital Leadership) eben auch komplett neu zu definierende Prozesse und SOPs.

So ist eine wesentliche Folge der CRM-Forschung im digitalen Cockpit die Einführung des „effective monitoring“ gewesen. Es hilft wirksam, Unglücke, wie oben beschrieben, zu verhindern. Aus diesem Wissen wurde die Position des „pilot not flying (PNF)“ in die Stelle des „pilot monitoring (PM)“ verändert. Das war eine beutende Wendung, auch in der bestehenden hierarchischen Ordnung.

Amt und Funktion der Piloten wurden erstmals deutlich voneinander getrennt.

So kann der Kapitän auf dem einen Flugabschnitt „pilot flying“ (PF), auf dem anderen PM sein. Die ganze Zeit bleibt er aber Kapitän und hat die letzte Entscheidungsgewalt. Die Rolle des PM hat als primäre Aufgabe, die Flugdurchführung und Leistung des PF zu überwachen, gefährliche Abweichungen oder Fehlleistungen festzustellen und klar zu kommunizieren. Er trägt als PM genauso wie der PF die volle Verantwortung für die sichere Flugzeugführung. Neu war auch, dass diese Feststellungen von Fehlern absolut keine negativen Konsequenzen für die Akteure haben.

Diese Veränderungen sind wesentlich durch die Digitalisierung im Mensch-Maschine Arbeitsraum bestimmt worden.

Es wäre also fahrlässig, jedem Drängen nach digitalisierten Fortschritten unreflektiert nachzugeben. Digitalisierung muss schrittweise und unter genauer Analyse der umgebenden Arbeitsabläufe stattfinden. Dazu braucht es fachlich qualifiziertes Personal – nicht nur aus der IT.

Schnittstelle Softwareingenieur nimmt direkten Einfluss


Eine andere Schnittstelle wurde im technologischen Cockpit-Fortschritt ebenfalls neu definiert.

Mit der Übernahme wesentlicher Steuerelemente im Flugzeug durch Computer nahm erstmals auch ein Softwareingenieur direkten Einfluss auf die Flugzeugsteuerung. Mit dem Steuerhorn oder Sidestick gibt der Pilot Sollwerte an den Rechner, der interpretiert nach den einprogrammierten Mustern und setzt dann erst die Hydraulik zum Ansteuern der Ruder und Klappen in Gang.
Das gleiche gilt für die Triebwerke.

Mit dieser tiefgreifenden Veränderung wurden auch ganz neue Kommunikations- Anforderungen definiert. Softwareingenieure mussten zuerst einmal lernen, ohne „Übersetzer“ mit Piloten und Technikern zu kommunizieren – so, dass sie einander verstanden.

Exakt diese Anforderung können wir auf jedes Unternehmen übertragen, das digitalisierte Landschaften betritt. Hier ist noch viel Arbeit zu leisten, mindestens genau so viel, wie in der hierarchischen Führungskultur.

Ich selbst habe mehr als einmal erlebt, dass es zwischen IT und den verschiedenen operativen Arbeitsebenen tiefe Zerwürfnisse gab. Sender und Empfänger arbeiten oft auf verschiedenen Frequenzen. Echte Kommunikation gibt es gar nicht, nur gegenseitige Vorwürfe.

Dieses Sender-Empfänger-Problem ist ebenfalls ein Kernthema im CRM der Luftfahrt. Auch die gesamte Luftfahrtentwicklung ist heute, in der 6. Stufe des CRM, auf dieses zukunftsweisende Führungs- und Arbeitsmodell umgestellt.

Richtige und effektive Kommunikation benötigt ein taugliches, einfach verständliches und klares Kommunikationsmodell mit konkreten Regeln. Sonst klappt es nicht. Auch das ist eine Erkenntnis der CRM-Forschung.

Was wir brauchen sind also weniger die ewigen Rufer nach digitalem Fortschritt, sondern die führenden Köpfe in Unternehmen, die die notwendigen Veränderungen umsichtig planen und konsequent Schritt für Schritt umsetzen.

Dabei muss jeder im Unternehmen einbezogen und dauerhaft gehört werden. Heute ist in der Luftfahrt jede Reinigungskraft, jedes Ladepersonal und jeder Tankwart ein aktives Mitglied im Führungs- und Arbeitsmodell Crew-Resource-Management. In der Luftfahrt hat man nicht nur verstanden, man lebt es auch – seit 30 Jahren mit durchschlagendem Erfolg.

Digitalen Fortschritt kann man eben nicht alleine technisch erreichen!

Zwei Standardwerke für die, die tiefer einsteigen wollen


Wikipedias Definitionen


Spannende Berichte der erwähnten Flugzeug-Unfälle


Samstag, 19. Februar 2022

Die größten Irrtümer in der Digitalisierung und die Folgen

Fast nirgendwo begegnen mir in der Praxis, bei der Einführung einer Lernenden Organisation in Unternehmen, so viel fatale Fehlerketten, wie in Digitalisierungs-Projekten.


Auf meinem einstündigen Flug über die tief winterliche Ostküste der USA von Boston nach New York JFK berichte ich (Video 12 Minuten) u.a. über die schlimmsten Irrtümer solcher Change-Vorhaben, auch in der Luftfahrt.

Leider hat gerade der Mittelstand wenig daraus gelernt und begeht diese Fehler immer wieder.

Die Verhaltensmuster in der Lernenden Organisation, wie ich sie einführe, verhindert solche Fehlentwicklungen. Sie unterbricht die fatalen Fehlerketten auch in Digitalisierung-Vorhaben.

Freitag, 14. Mai 2021

Die 8 Phasen der Veränderung – deshalb scheitern die meisten Change-Prozesse in der Praxis

Change-Prozesse scheitern in 80 % der Fälle. Das ist hinlänglich bekannt, zig-fach kommentiert und es wird trotzdem nicht besser.

Warum scheitern "Changes" so oft?

Der weltberühmte Fehlerforscher James Reason liefert in seinem gut lesbaren "Abschieds"-Werk A Life in Error eine gute Begründung. Dass ich von dieser Herleitung so überzeugt bin, liegt an der Parallele zur Geschichte des Crew-Resource-Managements (CRM) der Luftfahrt.




Die zusammenfassende Erkenntnis von James Reason ist:
Der Erfolg von Veränderungs-Prozessen hin zu einer besseren Führungs- und Fehlerkultur erfordert zunächst eine Verhaltensänderung, basierend auf einer psychologisch sicheren Arbeitsatmosphäre.
Wir jedoch versuchen im Change meist die Strukturen, sprich die Organisation zu verändern. Das lässt sich ja prima in Excel und anderen Plan- oder Projektboards abbilden. Auf das Verhalten der Menschen in diesem Prozess, insbesondere der Führungskräfte, gehen wir gar nicht, oder nur am Rande ein.
Das Fundament der psychologischen Sicherheit (Blog-Artikel) fehlt gänzlich.
Die Organisation folgt im erfolgreichen Veränderungsprozess dem Verhalten, nicht umgekehrt.


Die von Reason beschrieben 8 Phasen eines Change-Prozesses


Phase 1 : Alles ist gut
Niemand sieht die Notwendigkeit einer Veränderung. Alle Manager sind zufrieden mit den Status quo. Sie glauben, sie haben KEIN Qualitäts- und Führungsproblem. Sie sind zufrieden mit der Art und Weise, wie sie ihre Effizienz steigern und Kosten einsparen.

Phase 2: Es muss sich etwas ändern. Wir wissen nicht, was
Die Manager erkennen die Notwendigkeit für Veränderungen, wissen aber nicht, in welche Richtung das gehen soll. Alle bisherigen Versuche sind fehlgeschlagen, die Öffentlichkeit hat sie dafür scharf kritisiert. Die bisherigen Qualitäts- und Führungsmaßstäbe erkennen sie als unzureichend, die Unzulänglichkeiten in der Fehler- und Führungskultur verstehen sie jedoch nicht oder ignorieren sie.

Phase 3: Wir wissen, was. Wir wissen nicht, wie
Das Management weiß, was es verändern muss, weiß aber nicht mit welchen Mitteln das geschehen soll. Sie erkennen, dass die bisherigen Maßstäbe ihrer Fehler- und Führungskultur nicht mehr angemessen sind. Sie wissen jedoch nicht, wie sie diese Kultur verändern können.

Phase 4: Wir wissen, wie. Wir glauben nicht, dass wir es schaffen
Das Management hat das Know-how für die notwendigen Veränderungen der Fehler- und Führungskultur erworben, zweifelt jedoch, ob das Unternehmen dafür bereit ist. Die laufenden Projekte übersteigen schon jetzt ihr Budget. Das Unternehmen hat Personalengpässe und Projekte, die im Moment wichtiger sind. Man verschiebt die Veränderungsvorhaben auf später.

Phase 5 : Nur kosmetische Veränderungen
Man fängt an, notwendige Veränderungsprozesse einzuleiten, jedoch nur in kosmetischer Form. Man sucht Abkürzungen auf dem Weg zum Ziel. Der Prozess wird weder verfolgt, noch auf seine Wirkung überprüft.

Phase 6: Änderungen zeigen keinen Erfolg
Man setzt Veränderungen um, stellt aber fest, dass sie keinen Vorteil erzeugen. Das Modell der veränderten Kultur passt nicht zur realen Welt.

Phase 7: Erfolg zu kurzfristig
Die Veränderung fängt an Früchte zu tragen, taugt jedoch nicht für die zukünftigen Herausforderungen. Das Modell ist nicht flexibel genug für unvorhergesehene und störende Ereignisse im Markt.

Phase 8: Erfolgreiche nachhaltige Umsetzung
Die Veränderung der Arbeits- und Führungskultur ist erfolgreich gelungen und stabil etabliert. Die neue Unternehmenskultur hält Schritt mit den sich schnell verändernden Anforderungen im Markt. Sie bringt dem Unternehmen kontinuierlich Vorteile in Effizienz, Qualität und Wettbewerb. Die Mitarbeiter haben attraktive Perspektiven und eine hohe Motivation.

Reason fand weiter heraus, dass jedes Unternehmen oder Organisation alle diese Phasen durchmacht und, dass nur die letzten beiden (7+8) wirklich sicht- und messbaren Erfolg bringen.

Die meisten Unternehmen brechen bereits bei Phase 3 oder 4 ab und beginnen irgendwann von vorne –  um wieder dort zu enden. Welchen Schaden und Frust das für Unternehmen und Mitarbeiter auslöst, können Sie sich vorstellen. Wir erleben es jeden Tag in der Praxis.


Hier noch einmal das erwähnte Buch:

Reason, J. (2013) A Life in Error - From Little Slips to Big Disasters, Ashgate, Farnham, England, Burlington, USA.

Amazon

Sonntag, 18. April 2021

Routine und Unterforderung – eine unterschätzte Gefahr nicht nur in digitalisierten Cockpits

Der Pilotenberuf hat immer noch ein wenig einen Heldenmythos inne. In zahlreichen Hollywood Streifen sieht man wild mit dem Steuerhorn kämpfende Cockpitcrews mit verspannten Gesichtsmuskeln. Wir lieben Sensationen und Abenteuer. Doch das alles hat mit dem Pilotenberuf heute wenig zu tun.

Fiel z.B. noch zu Kolbenmotorzeiten bei jedem 5. Flug ein Triebwerk ganz oder teilweise aus, so erleben heutige Piloten meist niemals in ihrer Karriere einen Triebwerkausfall, höchstens im Simulator zu Trainingszwecken.

Die Gefahr moderner, Computer dominierter Cockpits lauert ganz woanders.

Es sind Routine, mangelnde manuelle Fähigkeiten, das Unverständnis komplexer Software-gesteuerter Systemzusammenhänge und die Unterforderung, die immer mehr zur Gefahr für sich unbemerkt entwickelnde Fehlerketten werden.

Es gibt mittlerweile eine Reihe von fatalen Unfällen, die mit diesen Faktoren zusammenhängen. Gleich einer der ersten computerdominierten Serien-Airbus A320 verunglückte 1988 bei einem Promotion-Flug aus diesen tragischen Gründen nahe der deutschen Grenze in Mülhausen-Habsheim. Beide Piloten, eigentlich hocherfahren, begriffen die computergesteuerten Abläufe der Schubsteuerung beim Durchstartmanöver nicht schnell genug und endeten im Wald hinter dem Flugplatz.

Menschen tun sich bis heute schwer, mit Computern effektiv und fehlerarm zusammenzuarbeiten und daher ist der Faktor Mensch nach wie vor der gefährlichste Faktor in einem Cockpit. Das war auch bei der Unfallserie der B737 MAX so. Das Problem war mit wenigen Handgriffen technisch beherrschbar, man hätte es nur als solches erkennen müssen.

Neben fehlerhafter Software, mangelnder Wartung, nutzerunfreundlicher Dokumentation im Handbuch spielte vor allem die schlechte und mangelhafte Ausbildung der Piloten eine wesentliche Ursache für den fatalen Ausgang dieser kurzen Flüge. Sie bedienten eine hochautomatisierte Technik, die sie gar nicht im Detail begriffen hatten.


In meinem neuen Video zeige ich Ihnen, wie wenig man doch als Pilot auf einem ganz normalen Flug, und das sind weit mehr als 99% aller Flüge, tun muss und wo überall Routinefehler und Unterforderung lauern.

Ganz ähnliche Probleme gibt es heute in Unternehmen mit der fortschreitenden Digitalisierung, gewürzt mit dem Tatbestand oft untauglicher oder fehlender Prozesse. Ein Problem, das die Luftfahrt dank ihres exzellenten Fehlermanagements nicht hat.

Montag, 27. Mai 2019

Der Weg zum Besseren

Unternehmen möchten keine Trainings, keine Seminare, keine Theorien, keine Beratung.

Sie möchten eine bessere Arbeit machen.

Der konkrete Lösungsweg ist jeweils individuell, hat aber gemeinsame Elemente.


Letztlich müssen Unternehmen und Organisationen heute die Fähigkeit erlangen, Veränderungen schnell umzusetzen, und zwar effizient und fehlerarm.
Das hat eine passive Seite (durch Veränderungen der Umgebungsfaktoren außerhalb der Firma) und eine aktive Seite (z. B. Innovationen).

Dazu müssen angepasst werden:

a) das individuelle Verhalten aller Beteiligten (Unternehmens-/Führungskultur)
b) die Organisations-Strukturen

Die eigentliche Herausforderung liegt in a).

Dieser begegnen wir mit dem Crew-Resource-Management (CRM) der Verkehrsluftfahrt.
Es ist in der Praxis seit rund 40 Jahren erfolgreich. Und man hat es mit einer bewährten Lehrmethode ausgestattet.
Um Ihnen das zu zeigen, nutzen wir ein Airliner-Cockpit. Dazu haben wir – zusammen mit  EASA- und ESA-Trainings-Spezialisten – ein Seminar für "Nicht-Piloten" entwickelt. Darin integriert ist der Transfer in Ihren Arbeitsalltag.
Mit dieser Methode vermitteln wir Ihnen nicht nur Wissen über das CRM, sondern überzeugen Sie auch nachhaltig von seiner Wirkung in der Praxis.

Es funktioniert prima, ist aber nur der Anfang des Weges zu a).

b) vor a) anzufangen scheitert – immer!

Den Rest des Weges gehen wir gern mit Ihnen im Unternehmen: konkret, individuell, oft operativ involviert. Wir sind dabei die "Brückenbauer" und Mediatoren, die Expertenwissen mit dem Wissen aus der Community (z. B. den Abteilungen) verbinden. Wir helfen Ihnen, die Kommunikation unbelastet und offen zu gestalten und das vereinbarte Ziel im Auge zu behalten.
Die Basis für die Verhaltensmuster ist das Crew-Resource-Management. Alle beteiligten Führungskräfte haben es ja im Seminar kennen und schätzen gelernt. Denn wir sind auf ein "Wollen" angewiesen. An einem "Müssen" scheitert auf Dauer jedes moderne Unternehmen. Das ist unsere mehr als 30-jährige Praxiserfahrung.

Die Vorgehensweise in einem Konzern unterscheidet sich dabei grundlegend von einem z. B. familiengeführten Mittelstandsunternehmen mit wenigen 100 Mitarbeitern.

Letzteres können wir durch maßgeschneidertes Kombinieren von a) und b) ganzheitlich betrachten.
Ziel ist es also, b) über a) langsam im ganzen Unternehmen umzusetzen, zum Beispiel durch vorbildhaftes Verhalten in einem geeigneten Projekt.
Für die Organisations-Veränderung b) hat sich bei uns das "3 Horizonte"-Modell in Ergänzung zum Crew-Resource-Management bewährt.
Es springt zwar für die heutige Veränderungsgeschwindigkeit und Bedürfnisse etwas zu kurz, taugt aber sehr gut für die Analyse und den Beginn des Weges.

Im Konzern dagegen kann ich unmöglich ganzheitlich vorgehen. Damit richten selbst namhafte Consulter mit ihrer Manpower oft mehr Schaden als Nutzen an.

Ach ja, da wäre noch die agile Transformation – den Begriff nutzen wir gar nicht.
Aus unserer Erfahrung will ihn auch kaum noch ein Entscheider hören.
Er erzeugt Angst, Unschärfe, Nebel und ruft schlechte Erfahrungen vergangener, gescheiterter Change-Versuche ins Gedächtnis.

Freitag, 22. März 2019

Mensch-Maschine – DIE Herausforderung in Zeiten von KI

Regelmäßig gerät unser Fortschritt an größere Schwellen, die besondere Herausforderungen sind. Das war zu Beginn des Industriezeitalters so, eine weitere Klippe entstand Ende der 1970er-Jahre, als langsam die digitale Welt in die Maschinen- und Prozesssteuerung Einzug hielt.

Jetzt stehen wir, seit knapp 10 Jahren wieder vor einer größeren Hürde, dem langsamen Einzug der sogenannten künstlichen Intelligenz (KI).


Und wir machen wieder Fehler, die gleichen Fehler wie in der Vergangenheit. Wir versuchen, die Rezepte der Vergangenheit auf die neuen Anforderungen anzuwenden. Wir versuchen, Symptome mit ständigen aktivistischen Veränderungen an Strukturen und Prozessen zu bekämpfen, anstatt erstmal die richtigen Voraussetzungen zu schaffen.
Wir fangen wieder am falschen Ende an und lernen nur langsam, durch Schmerzen und häufigen Misserfolg.

Fehlt uns das Wissen? Nein!
Die moderne Verhaltensforschung kennt die Lösungen. Sie weiß, dass zunächst das Framework nötig ist um Veränderungen erfolgreich zu gestalten. Sie hat längst herausgefunden, dass nicht mangelndes Wissen unser Problem ist, sondern falsches Verhalten.
Sie weiß, dass Verhaltensänderungen nachhaltig nur durch „Wollen“ und nicht durch „Müssen“ gefestigt werden.
Exzellente und sehr praxiserfahrene Forscher und Berater nennen uns Leitfäden, wie wir das erreichen können.
Doch wir lassen uns treiben von kurzfristigem wirtschaftlichem Druck. Wir hecheln nach schnellen Strohfeuern anstatt ein stabil leuchtendes Licht zu entzünden.

Ich nehme das seit fast 14 Tagen täglich die Schlagzeilen füllende, tragische Unglück von Ethiopian Airlines Flug 302 am 10. März 2019 als Beispiel, wie eine typische Fehlerkette ihren Lauf nimmt.
Das Öl ins Feuer lieferten die alten Klassiker: wirtschaftlicher Druck und kurzatmiger Aktivismus, eingebettet in eine das Unglück fördernde Umgebung. Versagt hat der Mensch, nicht die Maschine.

Viele „Experten“, vor allem aus der Kommunikationsecke, stürzen sich auf den Hersteller Boeing und die amerikanische Behörde für Flugsicherheit, FAA. Dort haben sie die Schuldigen ausgemacht. Das ist ebenso kurzatmig wie aktivistisch und löst in keiner Weise das Problem.
Einen guten Fokus auf eines der tatsächlichen Probleme liefert der US Flugsicherheitsexperte Cpt. Chesley Sullenberger, der vor 10 Jahren die meisterhafte Landung eines Airbus A320 auf dem Hudson als Kapitän verantwortete. In seinem Artikel beschreibt er den langen Weg einer falschen Entwicklung bei der FAA und Boeing, getriggert von Budgetkürzungen, Sparzwang und Zeitdruck.
Dabei ist Eines in der Betrachtung wichtig: keiner, weder Boeing noch die FAA haben bewusst oder boshaft diese Fehler begangen. Hier ist nur eine der vielen Barrieren in einer langen Fehlerkette gebrochen, wie der Fehlerforscher James Reason das Phänomen in seinem „Schweizer-Käse-Modell“ beschreibt.


Eine weitere, ganz entscheidende Barriere ist schon viel früher abgebröckelt, schleichend, ohne dass man bisher davon öffentlich Notiz nahm.
Durch den Einzug von immer mehr komplexer Automatisierung (KI) wurde der Mensch als Glied in der Sicherheitskette als immer unwichtiger angesehen. Angeheizt wird diese Entwicklung bis heute von den gleichen, schon genannten Verdächtigen: Aktivismus, wirtschaftlicher Druck und den Hang, alte Betrachtungen auf neue Herausforderungen zu übertragen.
Neu dazugekommen ist eine sich ständig überbietende Fraktion an Digitalisierungs- und KI-Gurus, die uns zu erklären versucht, dass der Mensch eigentlich bald den Menschen nicht mehr braucht. Unterstützung finden sie in Teilen der Tech-Industrie und vor allem den Medien, die das gefällig aufgreifen um Neues verkünden zu können.

In der Luftfahrt führte dieses Phänomen langsam dazu, Piloten die klassischen Skills der Flugzeugführung nicht mehr beizubringen. Ein Artikel vor wenigen Tagen, auf den mich Chesley Sullenberger aufmerksam machte, fasst das Problem sehr gut zusammen.

Um das ganz klar zu sagen, ohne das Brechen der Barriere „Piloten“ wären die tragischen Unglücke Lion-Air-Flug JT610 im Oktober 2018 und ET 302 in Addis Abeba mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht passiert.
Im ASRS, dem Fehlermeldesystem der Verkehrsluftfahrt, sind 5 Vorfälle gleicher Art bei der B737 MAX bekannt, die von den Piloten problemlos bewältigt wurden. Sogar am Tag vor dem Unglück der Lion Air hat eine Besatzung das gleiche Problem im gleichen Flugzeug, unterstützt durch einen zufällig anwesenden 3. Piloten, gelöst.

Gebrochen ist auch, gleich mehrfach, die Barriere „Kontrollinstanz“. Nämlich bei der FAA, dem Hersteller Boeing, den Wartungsabteilungen der Airlines, dem Management der Airlines, den Trainingscentern für die B737-Piloten und auch der europäischen Luftfahrtbehörde EASA, die ebenfalls nicht auf das Unglück im Oktober 2018 reagiert hat.
Das Brechen aller Barrieren wurde immer durch die gleichen Brandstifter gefördert:
Aktivismus, wirtschaftlicher (und damit oft auch politischer) Druck, das Ganze gewürzt mit einer Gläubigkeit an das goldene Kalb „Technik“.
Spätestens das zweite Unglück in Addis Abeba wäre an vielen Stellen einfach zu verhindern gewesen.

Recht gut funktioniert hat nach dem 2. Unfall (leider erst dann) das Situations-Management. Nach knapp 9 Tagen waren weltweit alle notwendigen Schritte erledigt um eine Wiederholung zu verhindern und den wahren Ursachen auf den Grund zu gehen.
Auch Boeing und die FAA machen, nach kurzem Zaudern, mit und räumen große Fehler ein – im Diesel-Skandal von Volkswagen wird noch heute, Jahre danach, vernebelt.
Im deutschen Kliniken sterben nach aktuellen Studien großer deutscher Krankenkassen täglich über 50 Menschen durch vermeidbare Fehler, seit Jahrzehnten, ohne nennenswerte positive Veränderung.
Was würde passieren, wenn jede Woche ein vollbesetzter Airbus A330 über Deutschland abstürzen würde?
Das ist die vergleichbare Zahl an Todesfällen.

Wie können wir Abhilfe schaffen?


Ich habe nicht zufällig dieses aktuelle Beispiel einer langen, fatalen Fehlerkette aus der Luftfahrt gewählt. Denn ich bin mir sicher, dass die Luftfahrt jetzt sehr schnell aus dieser Fehlentwicklung lernen wird.
Da brauchen wir nur mal wieder abzugucken, und wir wissen, wie wir in Unternehmen und Klinken fatale Fehlentwicklungen stoppen können.

Warum ist die Luftfahrt im Lernen und bei Verhaltensänderungen so schnell?

Die Antwort ist einfach: das wirtschaftliche Überleben der Airlines hängt davon ab.
Diese Erkenntnis hat man seit über 30 Jahren. Sie führte zur Entwicklung des außerordentlich erfolgreichen Führungs- und Arbeitsmodells Crew-Resource-Management (CRM) in der Verkehrsluftfahrt.
Das CRM fördert eine Umgebung psychologischer Sicherheit. In ihr entwickelte sich eine Veränderung von der „Push-“ zur „Pull“-Mentalität.
Crews wollen ihr Verhalten weiterentwickeln, sie bewegen ihre Airlines in die richtige Richtung, sie fanden Nachahmer in allen Bereichen der operativen Luftfahrt, durch vorbildhaftes Verhalten.

Welche gravierenden Korrekturen sind jetzt fällig?


Je mehr Computer-Intelligenz (KI) im Cockpit Einzug hält, desto wichtiger ist das detaillierte Wissen um die Zusammenhänge der Systeme und das Erhalten der Basic Skills, nämlich das Flugzeug auch ohne diese Hilfsmittel sicher und ohne bedrohlichen Stresseinfluss fliegen zu können. Fliegen in der Erdatmosphäre ist ein physikalischer Vorgang, keine Mystik durch Geisterhand. Es hat mit Raumschiff Enterprise wenig zu tun.
Das Human-Machine-Interface ist die wichtigste Schnittstelle im Cockpit eines Flugzeuges überhaupt. Hier beginnen heute fast alle Unfälle.


Uns muss klar sein, dass immer mindestens ein drittes Crewmitglied und sein Meister mit an Bord sind: der Computer und sein Software-Ingenieur.
Macht der Ingenieur einen Fehler – und er macht ihn – muss die Barriere Pilot halten, sonst sterben Menschen.
Versagt die Technik durch einen Defekt, Verschleiß oder einen Wartungsfehler, muss die Barriere Pilot halten, sonst sterben Menschen.

Wie hält die Barriere Pilot?


Sie hält nur in einem exzellent funktionierenden Team, einzeln und gemeinschaftlich sehr gut ausgebildet und ständig trainiert. Fliegen ist eine Teamleistung, immer!
Daher stellt das CRM auch das fehlerarme und effiziente Zusammenarbeiten (Verhalten) des Teams in den Mittelpunkt, und nicht den einzelnen Piloten.

Wer gehört zum Team?


Die Piloten, die Kabinenbesatzung, die Flugverkehrskontrolle, das Groundhandling, die Technik, das operative Airline-Management, der Hersteller und ganz schnell auch mal Rettungskräfte wie Feuerwehr, Notfallmanager und Sanitäter.

Es kommt recht häufig zu gravierenden Zwischenfällen in der Luftfahrt, die in der Öffentlichkeit kaum bis gar nicht wahrgenommen werden. Selbst die Passagiere bekommen oft nur wenig davon mit. Nicht selten ist es nur eine Information wie:

Sehr geehrte Fluggäste, aufgrund widriger Wetterverhältnisse haben wir einen Ausweichflughafen anfliegen müssen. Wir bitten Sie, die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Wir kümmern uns umgehend um Ihre Weiterreise zum gewünschten Zielort.

Das die Cockpitbesatzung nach einem Langestreckenflug, kurz vor dem greifbaren Ziel, zusammen mit der Flugverkehrskontrolle fast eine Stunde gravierende Entscheidungen unter hohem Druck treffen musste um Sicherheit zu gewährleisten und keine unvertretbaren Risiken einzugehen, haben Sie bei einem kühlen Drink gar nicht mitbekommen. Wenn es Sie interessiert, wie so etwas im Cockpit abläuft, schauen Sie das Video:


Wie schnell aus einer Routinesituation im Cockpit ein potentiell gefährlicher Notfall wird, und wie man ihn vorbildlich, nach den Verhaltensregeln des CRM löst, sehen Sie am Beispiel von Flug Air Lingus 11EA im Jahr 2015.
Das Flugzeug, eine moderne Boeing 757, brauchte schlagartig alle Aufmerksamkeit, erstklassige fliegerische Fähigkeiten und viele schnelle Entscheidungen unter hohem Druck. Die Cockpitcrew hat zusammen im Team mit der Flugverkehrskontrolle in Boston und New-York sowie den Rettungskräften mustergültig gehandelt und stets große Ruhe und Übersicht ausgestrahlt. Alle Passagiere verließen gesund und über eine normale Treppe das Flugzeug, wenn auch mitten auf der Landebahn.


Wie wir Menschen schnell vom „Müssen“ zum „Wollen“ motivieren, positive Verhaltensänderungen und damit Teamleistungen enorm und messbar steigern, beschreibe ich Ihnen in Beispielen in meinem nächsten Beitrag.

Unsere am 20. März 2019 aktualisierte Literaturliste finden Sie hier (PDF)

Freitag, 25. Januar 2019

Alles lief nach Plan – und der Plan war falsch!

Der Wert eines guten Fehlermanagements entsteht nicht nur durch das Melden, Analysieren und Vermeiden von neuen Fehlern gleicher Art.
Auch durch das offene und unvoreingenommene Austauschen von erfolgreichen Verhaltensweisen außerhalb vorgeschriebener Verfahren, wird die Gefahr von möglichen Fehlerketten bei anderen vermieden. Verfahren werden verbessert, Checklisten korrigiert sowie Ausbildung und Trainings können schneller weiterentwickelt werden.

In der Luftfahrt ist das ASRS (Aviation Safety Reporting System) ein essentieller Bestandteil der exzellenten Sicherheits- und Fehlerkultur.
Mit Hilfe dieses immer weiter entwickelten Systems profitieren Crews weltweit von Erfahrungen einzelner Besatzungen, die Handlungen ohne fatale Konsequenzen begangen oder großen Schaden durch Übergehen der Verfahrensregeln vermieden haben.
Jeden Tag melden Crews bei sich selbst bemerktes Fehlverhalten oder außergewöhnliche Ereignisse, die nicht mit den festgelegten Verfahren in den Griff zu bekommen waren.

Der daraus entstehende Wert zur Steigerung und Erhaltung der Flugsicherheit und Effizienz ist enorm.
Dieses System bewahrt viele Menschen vor dem Tod durch unnötig doppelt begangene Fehler und nicht kommunizierte Verfahrensschwächen. Und es bewahrt die Airlines weltweit vor großen, wirtschaftlichen Schäden durch sich ständig wiederholende Fehler.

Die Voraussetzung, dass dieses System in der Luftfahrt so gut funktioniert, ist die psychologische Sicherheit im Team. Keiner hat Angst vor Bestrafung und Schuldzuweisung.
Es geht um das gemeinsame besser werden und Lernen aus den Erfahrungen und Fehlern anderer.
Erst mit dem Crew-Resource-Management (CRM) hat die Luftfahrt die dafür nötige Führungs- und Arbeitskultur geschaffen.



Im Folgenden berichte ich Ihnen zwei Beispiele aus dem aktuellen, öffentlichen NASA-Safety Report im Januar 2019.
Die NASA koordiniert das ASRS aller US-Airlines für die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA und sorgt für den internationalen Austausch dieser Reports, seiner Erkenntnisse und Konsequenzen.
Ähnliches gibt es in Europa und Asien. Auch Russland und viele afrikanische Staaten haben begonnen sich diesem System anzuschließen.

Hier die beiden Beispiele:


Fall 1

Ein A320-Kapitän positionierte ein Flugzeug auf dem vereisten Vorfeld neu. Die Vorschriften und Regeln wurden befolgt und mit äußerster Sorgfalt durchgeführt, aber die herrschenden Bedingungen triumphierten schließlich über alle Verfahren und bereits getroffenen Vorsichtsmaßnahmen.

Operations beauftragte die Flugbesatzung, das Flugzeug an die Nordrampe zu versetzen, da aufgrund der witterungsbedingten, außergewöhnlichen Betriebsabläufe keine Gates mehr zur Verfügung standen. Ich (Kapitän) rief den Chefpiloten an, um zu berichten, was wir vorhaben. Das ist Bestandteil des SOP (Standard Operational Procedure).
Alle Sicherheitsvorkehrungen wurden von uns getroffen. Mir wurde von der Betriebsleitung mitgeteilt, dass auf unserem jetzigen Platz andere Flugzeuge geparkt werden sollten.
Wir haben die Freigabe der Bodenkontrolle erhalten und sind langsam und vorsichtig gerollt. Einweiser führten uns und ich rollte sehr langsam. Der leitende Einweiser signalisierte mir, mit zwei beleuchteten Einweiserstäben, geradeaus zu rollen, und die beiden Flächeneinweiser, ebenfalls mit beleuchteten Stäben, positionierten mich exakt.
Ich hielt das Flugzeug auf Signal des führenden Einweisers hin an, und wollte die Parkbremse setzen, als das Flugzeug plötzlich anfing, sich von selbst vorwärts zu bewegen. Vor uns lag eine Flughafenumzäunung aus Metalldraht und einige andere große Objekte auf der anderen Seite des Zauns. Als das gebremste Flugzeug schneller zu rutschen begann, hatte ich kein anderes Mittel als den Umkehrschub zu betätigen. Dadurch wurde das Flugzeug gestoppt. Aber es rutschte seitwärts nach links weg, da es keine Traktion auf der Rampe hatte. Das Triebwerk Nummer 2 streifte einen dort abgestellten Stromerzeuger leicht.

[Ergebnis nach Untersuchung des Zwischenfalls:
durch den gegen das Verfahren verstoßenden Gebrauch der Schubumkehr in dieser Situation verhinderte der Kapitän einen größeren Schaden]

Fall 2

Während mäßiger Turbulenzen begann der Kapitän einer B777, mit Genehmigung der Flugsicherung, zu steigen um in ruhigere Luftschichten zu gelangen. Die anschließenden Minuten forderten schlagartig und völlig unerwartet das ganze Können der Cockpitcrew.

Mehrere Flugzeuge unterhalb unserer Höhe hatten schwere Turbulenzen gemeldet. Wir waren bei FL370 (Flugfläche 370 = 37000 Fuß) in moderaten Turbulenzen. Wir begannen einen Steigflug auf FL390 (13.000m), aber bei FL378 hatten wir plötzlich die Kontrolle über die Fluggeschwindigkeit verloren. Es wurden zum Glück keine Grenzwerte für die zugelassene Fluggeschwindigkeit überschritten, weder nach unten noch nach oben.
Wir leiteten sofort manuell (Autopilot aus, automatische Schubkontrolle aus) den Sinkflug zurück auf FL370 (12.300m) ein und informierten die Flugsicherung. Als wir versuchten, den Sinkflug einzuleiten, stellten wir fest, dass wir keine Kontrolle über unsere Höhe hatten. Trotz Leistungshebel im Leerlauf und ausgefahrenen Luftbremsen hielt das Flugzeug die Höhe und wurde schneller. Wir surften einfach auf einer extremen Luftströmung, die verhinderte, dass wir sinken konnten.
Ich (Kapitän) musste äußerst sensibel mit der Hand steuern um einen gefährlichen Zustand zu verhindern.
Nach etwa einer Minute begann das Flugzeug ebenso plötzlich und heftig den Sinkflug, der uns schnell zurück auf FL370 brachte.
Es wurden danach keine weiteren heftigen Turbulenzen festgestellt.
Wir hatten etwa eine Minute lang keine Kontrolle über Fluggeschwindigkeit oder Höhe. Es gab keine WSI FPG (Weather Services International Flight Planning Guidance) für Turbulenzen auf unserer Flugstrecke in diesem Gebiet.
Wenn ich mich recht erinnere, erschien mir die Außentemperatur in dieser Höhe und Jahreszeit erheblich wärmer als normal.

[Ergebnis nach Untersuchung des Zwischenfalls:
durch das verfahrenswidrige, sofortige Abschalten des Autopiloten und der automatischen Schubkontrolle in dieser Höhe verhinderten die Piloten einen extrem gefährlichen Flugzustand durch zu hohe bzw. zu niedrige Geschwindigkeiten.]

In beiden Fällen verfügten die Kapitäne über sehr viel Erfahrung und eine exzellente Fach- und Crew-Resource-Management Ausbildung sowie umfangreiches Training.

Auch die Hudson-Landung von Kapitän Chesley Sullenberger im Jahr 2009 (Das Wunder vom Hudson) gelang nur, weil Sullenberger nicht nach Checkliste gehandelt hat. Der wesentliche Handgriff war, sofort nach dem Auftreten der doppelten Triebwerksstörung in 2.850 Fuß (950m) Höhe, die letztlich zum Ausfall beider Turbinen geführt hat, die Hilfsturbine (APU) einzuschalten um die Stromversorgung und elektrische Hydraulikpumpe (PTU) in Betrieb zu halten.
Dieser Punkt (APU einschalten) kam in der Checkliste erst an 15. Stelle!
Ein nahezu zeitgleicher, doppelter Triebwerkausfall unter 10.000 Fuß war bis dahin nicht in den Verfahren vorgesehen. Er ist auch bis dahin nie so vorgekommen.
Die Verfahren und Checklisten für die zweimotorigen Airbus-Flugzeuge wurden nach diesem Zwischenfall umgehend überarbeitet.

Erst eine genaue Analyse und die anschließende Veröffentlichung aller Ergebnisse von Störfällen kann im Crew-Resource-Management zur Verbesserung der weltweiten Sicherheitsstandards, Verfahren und Effizienz führen.
Denn, was ich nicht erfahre, kann ich auch nicht verbessern!

Donnerstag, 10. Januar 2019

Wachsender Aktionismus – häufig der Anfang vom Ende

In unserem
 Workshop „Berufsbild Pilot“, den wir zusammen mit der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung für an der Luftfahrt interessierte Abiturienten veranstalteten, stellten mir die Schüler folgende Frage:



Warum sehen die Piloten im Cockpit immer so entspannt und gelassen aus?


Diese Frage behandelt zugleich eine Kernaussage im Crew-Resource-Management (CRM).
Meine Antwort darauf ist kurz aber in der Praxis nicht so einfach umzusetzen wie es scheint:

Sie vermeiden jede Art von Aktionismus, verbal wie operativ!


Beide Formen von Aktionismus (viele nennen den verbalen Aktionismus auch Geschwätzigkeit) waren, gepaart mit hierarchisch formellen Verhaltensmustern die Hauptursache für in der Luftfahrt steigende Unfallraten bis zur Einführung des CRM in den 1980er Jahren.

Aktionismus ist eine der Hauptursachen für Führungs- und Teamversagen.




Anders war es nicht zu erklären, dass drei hocherfahrene Piloten einen Jet leer flogen und mitten in der Nacht in einem Vorortwäldchen einer amerikanischen Großstadt notlanden mussten, weil sie sich zu dritt mit Hingabe dem Austausch eines 10 Cent Lämpchen widmeten, das zu dieser Zeit keine wichtige Bedeutung hatte. Unterdessen bemerkte niemand, trotz voll funktionierender Warnhinweise, dass der Maschine in der Warteschleife der Sprit ausging.
Ein Beispiel von sehr vielen.

Aktionismus ist ein zunehmend verbreitetes Phänomen, nicht nur in unserer schnelllebigen Gesellschaft. Er spiegelt oft das Handlungsmuster in Unternehmen wider – bis in höchste Etagen.

Das Beispiel von United Flug 173 ist 1:1 übertragbar auf Unternehmen, die strotzend vor Jahrzehnte langer Gesundheit, in einem schnellen Wandel der Umgebungsfaktoren, krank schleichend nach wenigen Jahren von der Bildfläche verschwinden. Sie beschäftigen sich in einem Dunstkreis des Vergangenen und Unwichtigen mit sich selbst und finden vor lauter Aktionismus im eigenen Nebel den rettenden Ausweg nicht.

Aktionismus zu besiegen ist nicht einfach, da er im menschlichen Verhaltensmuster biologisch verankert ist.
Er geht auf das schnelle Erkennen von Gefahren und dem damit einhergehenden Flucht- oder Verteidigungstrieb zurück.
Bei Männern ist Aktionismus stärker ausgeprägt als bei Frauen.
Es bedarf, wie das CRM gezeigt hat, eines fassbar konkreten, einfach zu verstehenden Lehrmodells und einer Menge Training.
So hat sich die Luftfahrt in den operativen Bereichen, Schritt für Schritt weg vom Aktionismus, hin zum fehlerärmsten und effektivsten Arbeitsplatz der Welt zu entwickeln.

Hier arbeiten echte Teams erfolgreich zusammen – in jeder Situation.

Quellen:

Hackman, J. R. (2002) Leading Teams
Bonelli, R. (2018) Frauen brauchen Männer (und umgekehrt)

Freitag, 4. Januar 2019

Unsere aktuellen Literaturtipps für Sie

Wir freuen uns, Ihnen ab sofort unsere Literaturliste (PDF), regelmäßig aktualisiert, vorstellen zu können.



Alle Bücher haben wir, teils mehrfach, gelesen und analysiert.
Die Autoren sind anerkannte und ausgezeichnete Wissenschaftler mit hohem Praxisbezug. Sie prägen wesentlich die Forschung zum Crew-Resource-Management (CRM) – direkt oder indirekt.
Die Aktualisierung erfolgt immer über unseren Newsletter (Anmeldelink).
Es lohnt sich also ein Newsletter-Abo für Sie ;)

Für den Einstieg in das Thema CRM empfehle ich Ihnen besonders die Bücher von Jan-Ulrich Hagen „Fatale Fehler oder warum Organisationen ein Fehlermanagement brauchen“, Schulz von Thun „Miteinander Reden: Kommunikationspsychologie für Führungskräfte“ und Dietrich Dörner „Die Logik des Misslingens“

Standardwerke der Teamforschung haben J.R. Hackmann mit „Leading Teams: Setting the Stage for Great Performances“, Amy Edmondson mit „Extreme Teaming“ und – ganz neu – „The Fearless Organization“ geschrieben.
„The Fearless Organization” wurde gerade von der amerikanischen Fachpresse als „Book oft the Year 2018“ gewählt.
Das Buch ist außerordentlich praxisorientiert und aus meiner Sicht für jede Führungskraft eine Pflichtlektüre.

Der führende Forscher im Bereich Fehler und Fehlermanagement ist der Brite James Reason. Sein Werk „A Life in Error“ beschreibt auf sehr gut lesbare Weise die wissenschaftliche Basis der Fehlerforschung und des daraus entwickelten „Thread And Error Managements“, eine Weiterentwicklung des klassischen Fehlermanagements.
Sein neuestes Buch „Organizational Accidents Revisited“ aus 2016 vermittelt die aktuellen Erkenntnisse der mit nicht mal 30 Jahren sehr jungen Fehlerforschung.
Wer Reasons Forschung richtig versteht, versteht auch die oft gravierenden Fehler im heutigen Qualitätsmanagement und deren Auswirkung auf Effizienz und Innovationen.

Die psychologischen Hintergründe, warum Menschen so handeln wie sie handeln, und wie Beziehungen (privat wie beruflich) aus Sicht der modernen Psychologie und Hirnforschung funktionieren – oder eben nicht – beschreiben Raphael Bonelli und Joachim Bauer – beide weltweit anerkannte Ärzte, Psychiater und Neurowissenschaftler – eingängig und verständlich.
Die Verbindung zum CRM ist sehr eng, da die Beziehung zwischen Menschen einen wesentlichen Einfluss auf ihre Kommunikations- und Führungsqualität hat bzw. bei Teams auf die Effizienz und Fehlerquoten.
Daher stellt Amy Edmondson die auf intakte Beziehungen basierende „Psychologische Sicherheit“ auch als unbedingte Voraussetzung in den Fokus ihrer Betrachtungen.
Das CRM bestätigt diese Forschungen in der Praxis.

Das Buch von Kanki, Helmreich und Anca „Crew-Resource-Management“ ist das Basiswerk des CRM für die weltweite Pilotenaus- und weiterbildung.
Die hier dargestellten Verhaltensmuster und Regeln sind zudem Grundlage für die Personalauswahl von Crews in Cockpit und Kabine.
Heute spielt bei Checks und Fortbildungen in der operativen Luftfahrt (Crews, Technik, Bodenpersonal, Flugverkehrskontrolle, Flughafenbetrieb und Luftfahrtbehörden) das CRM eine dominierende Rolle, gleichwertig neben der jeweiligen Fachausbildung.

Um die Psyche eines „Helden“ und die Geschichte des alten Heldenbildes in der Gesellschaft zu verstehen, bezieht sich die Forschung dann und wann auf den authentischen Roman „The Right Stuff“ von Tom Wolfe. Er beschreibt die Historie der US-Testpiloten und Astronauten-Generation von 1945 bis in die 1970er-Jahre.
Im Crew-Resource-Management hat man erkannt, dass es nicht mit der pauschalen Abschaffung von Helden getan ist. Menschen brauchen Helden und sie brauchen Führung!
Nur das Bild und die Rolle des Helden musste von Grund auf „modernisiert“ werden.
Der Flugkapitän von heute ist in der neuen Heldenrolle aufgewachsen oder „umtrainiert“ worden.
Chesley Sullenberger, der „Held“ vom Hudson, hat dieses neue Rollenverständnis, zusammen mit seiner Crew, im Zuge seiner meisterhaften Notwasserung auf dem Hudson im Jahr 2009, in die breite Öffentlichkeit getragen.
Sullenberger ist noch heute, 10 Jahre später, in den USA das Vorbild für eine mustergültige, moderne Führungskraft.

Das Fazit aller Forschungen ist:

Führen muss erlernt und laufend trainiert werden, um Teams effiziente, fehlerarme, und innovative Arbeit zu ermöglichen.
Obwohl das seit 20 Jahren bekannt ist und die Umsetzung der Erkenntnis des Crew-Resource-Managements in der Luftfahrt zu einzigartigem Erfolg geführt hat, widmen Wirtschaft und Kliniken ihm (bisher) kaum ernsthafte Aufmerksamkeit.

Samstag, 29. Dezember 2018

In de-briefing, the chance of critical learning arises when...

A great lecture (Link LinkedIn) by Chesley Sullenberger on the importance of de-briefings. Modern behavioural research confirms that critical learning is only possible at all in de-briefings.

In leadership culture of Crew-Resource-Management it works pretty well due atmosphere of psychological safety – no one is „guilty“, no one will be punished, no one loses face, everything may be said, nobody is afraid. Only then critical learning really takes place.


This requires a lot of training for crews, not just in terms of expertise. But also in matters of reflection, self-control and team-behaviour. Aviation has understood this - business and hospitals still have a long way to go.

(Deutsche Übersetzung)

Ein großartiger Vortrag (Link zum Original-Vortrag auf LinkedIn) von Chesley Sullenberger über die Bedeutung von De-Briefings.
Die moderne Verhaltensforschung bestätigt, dass nur in De-Briefings kritisches Lernen überhaupt möglich ist.

In der Führungskultur des Crew-Ressourcen-Managements funktioniert es ziemlich gut, aufgrund der Atmosphäre psychologischer Sicherheit - niemand ist "schuldig", niemand wird "bestraft", niemand verliert das Gesicht, alles kann gesagt werden, niemand hat Angst.
Nur dann findet das kritische Lernen wirklich statt.
Das erfordert ein fortwährendes, umfangreiches Training der Besatzungen, nicht nur in Bezug auf das Fachwissen, sondern auch in Sachen Reflexion, Selbststeuerung und Teamverhalten.

Die Luftfahrt hat das verstanden - Wirtschaft und Kliniken haben noch einen langen Weg vor sich.

Donnerstag, 27. Dezember 2018

Unternehmen brauchen nicht Leute, die besonders viel über Führung wissen

“Many leadership development programs focus on learning about leadership. But organizations need better leaders, not managers who are more knowledgeable on leadership.”

Das sagt Henry Mintzberg

(Meine Übersetzung: „Führungskräfte-Entwicklung konzentriert sich häufig auf Wissen über Führung. Aber die Unternehmen brauchen bessere Führungskräfte, nicht Leute, die besonders viel über Führung wissen.“)

Das Ergebnis beschreibt Mintzberg in seinem Video recht deutlich, hier einige Aussagen:

  • Führungskräfte handeln sprunghaft, unterbrechen ohne Struktur und klares Ziel laufende Prozesse
  • Führungskräfte denken meistens kurzfristig
  • Führungskräfte verursachen Hektik
  • Die Strategien der Führungskräfte stammen selten aus einem geplanten und durchdachten Prozess. Sie werden aus kurzfristiger Ergebnisorientierung oder Notfällen betrieben
  • Führungskräfte kann man nicht im Klassenraum aus Büchern ausbilden

Henry Mintzberg gehört zu den erfolgreichsten und anerkanntesten Managertrainern der Welt. Seine Erkenntnisse hat er nicht aus Büchern oder der Universität, sondern aus der Praxis in Unternehmen aller Branchen.

Das Crew-Resource-Management (CRM) der Verkehrsluftfahrt kommt nach mehr als 30 Jahren Praxis und 5 Entwicklungsstufen genau zu den gleichen Ergebnissen:

Führen KANN man nicht nur lernen, man MUSS es!

Dazu bedarf es eines lehrtauglichen, wissenschaftlich fundierten Modells und ständigen Trainings.

Eine gute Fachkraft ist noch lange keine gute Führungskraft.

Das war damals die bittere Erkenntnis in der Verkehrsluftfahrt.
Fachlich sehr gut ausgebildete Flugkapitäne mit jahrzehntelanger Erfahrung und eine ausgereifte technische Umgebung reichten nicht aus, die Flugzeuge zu einem wirklich sicheren Verkehrsmittel zu machen.
Erst durch die Umsetzung des CRM mit Hilfe vieler Trainings entstanden aus vermeintlichen Teams echte Teams, ausgestattet mit wirkungsvoller Teamintelligenz.
Fortan gingen die Unglücke bei den Airlines um über 90% zurück.

Die meisten Unternehmen stehen in Sachen Führungsqualität und Teamintelligenz dort, wo die Luftfahrt vor dem CRM, also vor 1980, gestanden hat.
Die Ergebnisse können wir täglich in der Zeitung lesen.



Mintzberg setzt in Managerworkshops auf realistische Simulationen und die Peer-Group, genau wie das Crew-Resource-Management.

Nur wenn das Training starke Emotionen auslöst, die sofort verarbeitet und in Erkenntnisse umgesetzt werden, ist es wirklich nachhaltig.



Eine Trainingsmethode, die ich mit 30 Jahren praktischer Führungserfahrung zu 100% richtig finde.
Daher setzen auch wir darauf.

Mittwoch, 14. November 2018

Ich mache einen Fehler – und nun?

Fehler werden gemacht. Das ist menschlich und unvermeidbar – eine wesentliche Erkenntnis in der Forschung des Crew-Resource-Managements.

Sylvia Ostermann und ich unterhalten uns heute, wie wir aus Fehlern maximalen Nutzen ziehen und was wir aus der Luftfahrt dazu lernen bzw. übernehmen können.


Die Verkehrsluftfahrt hat mit dem ASRS (Aviation Safety Reporting System) das effizienteste Fehlermanagement der Welt geschaffen. Wie das ASRS genauer funktioniert, können Sie in diesen beiden Artikeln meines Blogs lesen:

Training in der Luftfahrt hat eine einzigartige Qualitätssicherung

UND


Mittwoch, 7. November 2018

Der Held – unerwünscht oder doch nicht (?)

Als mir der Begriff „Held“ im Crew-Resource-Management (CRM) das erste Mal begegnete, dachte ich zuerst: oh je, jetzt kommt wieder eine der üblichen ideologischen Machodiskussionen.

Ich habe mich geirrt!

Hätte sich die Forschung nicht ausführlich mit dem Phänomen des Helden beschäftigt, wären erfolgreiche Ergebnisse im CRM kaum möglich gewesen.

Heute lese ich oft, dass der Held ausgedient hat.
Das stimmt aber nur in Grenzen. Helden wird es immer geben. Der Mensch will und braucht Helden.
Es gibt kaum einen Bericht, in dem nicht versucht wird, bestimmte Leistungen – oder auch Fehler – einzelnen Personen zuzuordnen.
Wir erleben das immer wieder, zum Beispiel in der Politik aber auch in der Berichterstattung über Unternehmen.



Auch in Zeiten des CRM gibt es immer wieder „heldenhafte“ Taten.

Chesley B. Sullenberger, der im Jahr 2009 einen Airbus A320 auf dem Hudson River in New York notwasserte, ohne dass ein einziger Mensch verletzt wurde, war sofort der „Held vom Hudson“.

Im Jahr 1989 gelang es Flugkapitän Al Haynes mit spektakulären Manövern fast 200 Menschenleben zu retten. Ihr Tod galt als sicher.
Er schaffte es, die DC 10 trotz Ausfall der kompletten Steuerhydraulik mit einer bewundernswerten Crewleistung bis zum Aufsetzen in einer stabilen Fluglage zu halten. Erst dann kam das Flugzeug außer Kontrolle, brach auseinander und geriet in Brand.
Von den knapp 300 Personen an Bord überlebten zwei Drittel diese Katastrophe, auch dank des hervorragenden Einsatzes der Flughafenfeuerwehr.
Bis heute ist es niemandem gelungen, dieses 30 Minuten dauernde Drama im Simulator so erfolgreich zu fliegen, wie die Crew um Flugkapitän Haynes. Spätestens 10 Meilen vor der Landebahn scheiterten selbst die besten Crews im Simulator.
Auch in diesem Fall wurde in den Medien nur der Flugkapitän als Held herausgestellt.

Die beiden eben geschilderten Unfälle waren ein Musterbeispiel für sehr gut funktionierendes
Crew-Resource-Management. Beide Male sind es aber keine Einzelleistungen der Flugkapitäne gewesen.
Die Käptens waren nur deshalb zu dieser außergewöhnlichen Führungsleistung fähig, weil das Team um sie herum perfekt funktionierte.
Ihre eigentliche „Heldentat“ bestand darin, dieses Team von Anfang an ideal zu führen, sodass es seine volle Leistungsfähigkeit entfalten konnte.
Im Falle der Hudson-Landung arbeiteten der erste Offizier Jeffrey B. Skiles
und die Kabinenbesatzung in erstklassiger Weise mit dem Flugkapitän zusammen, denn die Notwasserung musste mit den Passagieren vorbereitet werden und die schnelle Evakuierung war lebensnotwendig.
So konnte jeder seine Aufgabe in den dafür festgelegten Verfahren erfolgreich meistern.
Obwohl Copilot Skiles vergaß, ein Ventil an der Hilfsturbine zu schließen (die Checkliste war zu lang für die zur Verfügung stehende Zeit) und das Flugzeug deshalb sehr schnell voll Wasser lief, gelang es der Crew, alle Passagiere aus den hereinströmenden eisigen Fluten zu evakuieren.
Kapitän Sullenberger alleine wäre unmöglich in der Lage gewesen eine solche „Heldentat“ zu vollbringen. Trotzdem feierten die Medien und die meisten Menschen wieder nur ihn als den „Helden vom Hudson“.
Wesentlich dramatischer war die Situation im Cockpit bei Flugkapitän Haynes. Nur mit Hilfe des zufällig an Bord mitfliegenden DC-10-Fluglehrers Dennis E. Fitch gelang es der nun vierköpfigen Cockpit-Besatzung unter Leitung von Al Haynes, dieses 30-minütige Drama zu einem vergleichsweise glücklichen Ende zu führen. Weder vor diesem Unfall noch danach ist es bei einer derartigen technischen Fehlfunktion gelungen, auch nur einen einzigen Menschen lebend aus einer solchen Maschine herauszubekommen.
Auch hier war es die besondere Leistung des Flugkapitäns, die Cockpit-Crew zu einem perfekt funktionierenden Team zusammen zu schweißen.
Und nicht nur das! Haynes integrierte während des Dramas den anderen Flugkapitän, der – wie oben erwähnt – als Passagier zufällig auf diesem Flugzeug mitflog. Das gelang ihm so perfekt, dass die Teamleistung dadurch noch einmal erheblich gesteigert werden konnte.
Auch in diesem Fall war die eigentliche „Heldentat“ des Flugkapitäns nicht die in der Öffentlichkeit gefeierte fliegerische Glanzleistung eines Einzelnen, sondern seine Fähigkeit, in einer extremen Stress-Situation eine brillante Teamarbeit herbeizuführen.

Warum klaffen Realität und öffentliche Darstellung von derartigen Ereignissen so weit auseinander? Warum gieren wir danach, nur einzelnen Menschen solche Leistungen zuzuschreiben?

In der Tat wurden große Meilensteine, auch in der Luftfahrt, von einzelnen Menschen unter höchsten Risiken „heldenhaft“ erreicht.
Für das Fliegen mit Überschall-Geschwindigkeit und die Anfänge der Raumfahrt zeichnen solche Einzeltaten.
Doch diese Helden sind ganz anders als die beiden Kapitäne, von denen ich eben berichtet habe.
Aber auch sie entsprechen nicht immer unserem idealisierten Heldenbild vom heroischen Einzelkämpfer.
Trotz ihrer leicht narzisstisch geprägten Alpha-Mensch-Eigenschaften waren sie durchaus teamfähig. Das passt eigentlich nicht in unsere Vorstellung. Doch funktionierte diese Teamfähigkeit nur unter ihresgleichen. Das passt schon besser.
So konnte eine kleine Gruppe „verschworener“ Astronauten mit ihren Wünschen zur Gestaltung der Mercury-Raumkapsel, die NASA fast in den Wahnsinn treiben. Hier galt das Prinzip „Einer für alle – alle für einen“. Immer wenn die NASA anfing, Druck auf einen Astronauten auszuüben, drohten alle anderen, zusammen mit dem Betreffenden die Mission zu verlassen. So war die NASA häufig machtlos. Das hatte sicher gute Seiten, aber auch schlechte.
Diese Auslegung des Teambegriffs ist im Crew-Resource-Management ausdrücklich NICHT gemeint!



Doch wie gelang es den Forschern, im CRM den „Helden der Lüfte“ zu zähmen?


Der idealisierte Held wird in der Öffentlichkeit doch immer wieder allzu gerne eingefordert.
Die Umgebungsfaktoren stehen also nicht zum Besten.

Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb es außerhalb der Luftfahrt bis heute nicht gelungen ist, den unguten Heldentypus aus vielen Führungsetagen zu entfernen.

Alle am Crew-Resource-Management beteiligten Parteien, die wissenschaftliche Forschung, die Crews, die Luftfahrtunternehmen, die Luftfahrtbehörden und das Lehrpersonal ziehen an einem Strang.
Auch das ist einer der wesentlichen Faktoren warum mit dem CRM die Wandlung des Helden gelang.

Der Held wird also immer wieder gesucht.
So kam die Forschung, während der Einführung des CRM Ende der 1980er-Jahre zu der Erkenntnis, dass der Held im Cockpit nicht „getötet“ werden darf.

Tötet man den Helden, tötet man auch die Führungskraft.

Man musste den Helden aus seiner Einsamkeit befreien und ihm eine veränderte Umgebung für seine Heldentaten schaffen.
Die Forscher lenkten seinen Blick weg von den Einzelkämpfer-Leistungen, die ihn auszeichneten – auch in seinem Selbstbild – und fokussierten ihn auf das Team für seine Heldentaten.
Er bekam eine neue Rolle. Seine größten Heldenleistungen bestehen im
Crew-Resource-Management darin, das Team zu Höchstleistungen zu motivieren.
Natürlich braucht ein Held auch Anerkennung. Die bekommt er auch: von seinem Team!
Die Crew signalisiert ihrem Kapitän sehr schnell, dass sie gerne unter seiner Leitung arbeitet.
Doch nicht nur sie muss sich mit ihrem Kapitän wohlfühlen, sondern auch der Kapitän mit seiner Crew.
So dient die Kommunikation nicht nur dem rein fachlichen Austausch von Informationen, sondern hat auch großen Einfluss auf die Stimmung in der Crew.

Das Element Kommunikation ist im CRM die „Mutter des Gelingens“.

Sie hat eine zentrale Funktion im gesamten Crew-Resource-Management.
Da alle Crew Mitglieder in diesem neuen Arbeits- und Führungsmodell geschult sind, wissen auch alle, wie wichtig nicht nur ihre eigene Aufgabe ist, sondern auch die ihres Teamführers.
Umgekehrt ist es genauso.
Der einzigartige Erfolg des CRM beruht also auch auf der Erkenntnis, dass es Hierarchien und Führungspersönlichkeiten braucht.
Hier werden aus meiner Sicht bei vielen Veränderungsansätzen große Fehler gemacht!

Die Forschung setzt sich also sehr ausführlich mit dem Heldenbegriff auseinander, denn
wer den „Helden der Lüfte“ verändern will, muss ihn zuerst einmal verstehen.
Auch das übersieht man in vielen Unternehmen.
Ich empfehle in diesem Zusammenhang das Buch „Helden der Nation“ (Link zu Amazon) von Tom Wolfe.
Dieser Doku-Roman wird auch häufig in der CRM-Fachliteratur erwähnt.
Die rasche Entwicklung der Nachkriegsluftfahrt und der Weltraumfahrt gab die perfekte Vorlage für die Typisierung eines klassischen Helden.
Der Autor beschreibt hier den Helden nicht nur, sondern dringt tief in seine Gedankenwelt und Beweggründe vor.
Wer dieses Buch aufmerksam liest, versteht, wie gefährlich das alte Heldenmuster in Führungspositionen werden kann.
Der einsame Held, wie wir ihn gerne mögen, lebt nämlich in einer speziellen Risiko-Welt.
In dieser Welt kommen eigene Fehler gar nicht vor!
Anders kam der klassische Held nicht damit klar, dass seine Überlebenschance – wie seinerzeit in der Testfliegerei und der Weltraumfahrt – maximal 4:1 betrug.
Es war eine Art Selbstschutzfunktion, die er in sein Gehirn einprogrammierte.
Er schloss für sich einfach aus, dass er morgen sterben könnte.

Genau dieser Typ Held saß bis Ende der siebziger Jahre häufig in den Cockpits moderner Verkehrsflugzeuge. Die Wahrscheinlichkeit gemeinsam mit ihm auf einer Reise zu sterben lag um ein Vielfaches höher als heute.
Auch der Niedergang ganzer Branchen und angesehener Unternehmen sowie der Tod vieler Patienten ist genau diesem alten Heldentypus geschuldet.

Es dauerte im Crew-Resource-Management etwa zehn Jahre, bis sich der neue Held in dem neuen Gerüst zurechtfand und sich so bewegen konnte, dass sein Ego nicht bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurde.

Auch die Helden der damaligen Zeit waren nicht dumm. Sie gehörten zur gesellschaftlichen Elite: sehr gut ausgebildet und mit ausgeprägtem Durchsetzungsvermögen ausgestattet.
Es war also sinnlos, sich ihnen einfach nur in den Weg zu stellen.

Nicht jeder Mensch will und kann Führungskraft sein.
Flugkapitän wird auch nicht jeder Pilot.
Viele wollen gar nicht ungeschützt im Wind an erster Stelle stehen. Letztlich werden von Führungskräften oft Entscheidungen abverlangt, die erhebliche Tragweite haben. Das ist auch im Cockpit so. Dazu bedarf es besonderer Eigenschaften.
Es ist nicht zielführend, in Veränderungsprozessen diese Eigenschaften grundsätzlich in Frage zu stellen oder zu zerstören.

Die Kunst des Crew-Resource-Managements war und ist, dass der alte Held sich im neuen Helden wiederfindet und wohl fühlt.

Das Ziel des neuen Helden ist der Teamerfolg und nicht die Einzelleistung.
Ein guter Chef im Cockpit wird von seiner Crew geliebt, genauso wie ein guter Chef im Unternehmen von seinen Mitarbeitern geliebt wird.
Dank des ständigen CRM-Trainings funktioniert eine Crew auch mit einem etwas anstrengenden Kapitän einigermaßen sicher. Doch nach dem Flug sagt sich die Crew: „Gut, dass wir den Tag erfolgreich beenden konnten. Hoffentlich fliegen wir nie wieder mit ihm.“ So etwas kommt auch in der Luftfahrt noch vor. Es wird aber immer seltener.

Das CRM bietet mit seiner über 30-jährigen Geschichte auch für Unternehmen und Kliniken die hervorragende Chance auf eine richtige und wohlwollende Veränderung der Führungs- und Arbeitskultur.
Der Chef darf darin ruhig der Held sein – ein Held, der mit seinem Team durch dick und dünn geht und umgekehrt.

Donnerstag, 18. Oktober 2018

Debriefing – der Transfer aus dem Cockpit in die Arbeitswelt

Im Video sehen sie, wie ein Debriefing unserer Crew-Resource-Management Trainings-Sequenzen funktioniert.
Die Crew war vorher mit einer realen Stress-Situation konfrontiert.



Das hier gezeigte Debriefing bezieht sich auf Szenen einer Übung, die in diesem Clip gezeigt werden.

Durch das vorher sehr realistisch aufgebaute Szenario können wir, gemeinsam im Gespräch, gerade gemachte Erfahrungen in nachhaltige Erkenntnisse für die tägliche Aufgabe als Führungskraft verwandeln.

Samstag, 6. Oktober 2018

Erfolgreich digitalisieren – der Mensch ist die Herausforderung

Diese, teils schmerzliche Erfahrung, hat die Luftfahrt gemacht, als Ende der 1980er Jahre die ersten volldigitalisierten 2-Mann-Cockpits in den Linienbetrieb gingen.

Man hat maximale technische Zuverlässigkeit hergestellt und, in jahrelangen, intensiven Tests alle nur denkbaren Szenarien in die Bordcomputer einprogrammiert.

Der Mensch brauchte dann nur wenige Flugmeilen, um das ganze Modell in Frage zu stellen.
Das Crew-Resource-Management war vor seine zweite große Herausforderung gestellt.


Das ausführliche Video in voller Länge sehen Sie bei YouTube

Für alle, die zum Thema noch etwas mehr lesen möchten, empfehle ich meinen Blogartikel

Donnerstag, 13. September 2018

Sie als Leader entscheiden über den Erfolg Ihres Teams!


Erleben Sie im Cockpit mit, wie zwei Teilnehmer völlig überraschend unseren Airliner landen müssen – ohne Einweisung und ohne jegliche fliegerischen Kenntnisse.

Das Szenario:


Die Piloten fallen kurz nach dem Start in Bremen aus. Das Flugzeug ist auf dem Weg nach Hamburg. Der Autopilot ist aktiviert.


Zu Beginn des Clips sitzen sie seit 12 Minuten im Cockpit und haben die FORDEC-Phase bereits hinter sich.
Ohne FORDEC waren sie nicht in der Lage die richtige Entscheidung zu treffen.
Aktivismus bestimmte bis dahin die Situation – ein Resultat des plötzlich auftretenden Stresslevels. So handelte bisher fast jeder Seminarteilnehmer in dieser Situation – unabhängig von Alter, Erfahrung und Position.
Nur mit FORDEC kommen sie im Team zu der Lösung, Hilfe am Boden zu erbitten. Die einzig richtige Entscheidung!

Beide Kandidaten sind Ingenieure mit Master und haben Berufserfahrung. Sie sind schon einige Zeit in leitenden Funktionen.
Ich, als Instruktor und ihre Führungskraft, bin in der Bodenkontrolle und habe dafür zu sorgen, sie heile landen zu lassen.

So startet die Bewusstmachungs-Phase für Führungskräfte in unseren Seminaren, nach einer kurzen Vorstellungsrunde und 15-minütigen Einführung in das Crew-Resource-Management.

Das De-Briefing zu dieser Szene, mit dem Transfer der Erkenntnisse ins Arbeitsleben einer Führungskraft, sehen sie in einem späteren Video.

Mittwoch, 15. August 2018

Wieviel Fehler kann sich Ihr Unternehmen noch leisten?



Tauchen sie in meinen Vorträgen mit mir in die Welt des erfolgreichsten und fehlerärmsten Führungs- und Arbeitsmodells ein – dem Crew-Resource-Management (CRM) der Verkehrsluftfahrt.
Entdecken auch Sie die Transfermöglichkeiten dieser wissenschaftlich fundierten und praxiserprobten Führungs- und Arbeitsmethode für Ihr Unternehmen.



Meine Themen sind Ihr Alltag, durch meine Erfahrung kenne ich Ihre Herausforderungen.

Donnerstag, 14. Juni 2018

Kommunizieren und Führen sollten Sie trainieren

Führungskräfte haben oft das Problem, dass ihre Botschaft anders verstanden wird, als sie gemeint ist. Doch richtige und effiziente Kommunikation ist ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg für das Gelingen.
Sie reduziert Stress und Fehler deutlich und steigert die Leistung Ihres Teams.

Piloten von Verkehrsflugzeugen arbeiten nicht nur am fehlerärmsten Arbeitsplatz weltweit, sie sind auch professionell zum Führen von Mensch und Maschine ausgebildet.

Im Führungsmodell Crew-Resource-Management trainieren Cockpit und Kabine mehrfach jährlich die Elemente

  • Kommunikation
  • Führen
  • Entscheiden
  • Stress- und Fehlermanagement

in einer realistischen Simulationsumgebung.


Erleben und üben Sie gute Kommunikation und ihre Regeln im Cockpit eines Verkehrsflugzeuges.

Als erfahrener Trainer, Manager, Flugkapitän und Unternehmer trainiere ich Sie und Ihr Team in unserem professionellen Airline-Simulator.
Mit unserer, zusammen mit EASA Trainings-Spezialisten, entwickelten Lehrmethode erfahren Sie den Transfer erfolgreicher Kommunikation und Führung in Ihre Arbeitswelt – direkt vom Cockpit in Ihr Unternehmen.

Sie arbeiten bei uns im Cockpit unter Druck und lernen dabei auch klar verständliche Regeln, Stress zu minimieren – für sich und ihr Team.

Sie werden danach überzeugt sein, dass Ihre richtige Kommunikation und Ihre Verhaltensweisen als Führungskraft der wesentliche Teil des Team-Erfolges sind.

Mittwoch, 16. Mai 2018

Die IT – und der Rest der Welt

Eines der größten Spannungsfelder, die ich in meiner Tätigkeit erlebe, liegt zwischen IT und den restlichen Abteilungen im Unternehmen. Das betrifft nahezu jede Branche.
Die Spannung nimmt mitunter dramatische Ausmaße an, die sogar eine Auslagerung der IT ins Gespräch bringen, womit viele Arbeitsplätze verloren gehen würden.
Bisher konnte ich den Entscheidern immer genug Argumente liefern, die diesen Schritt verhindert haben. Denn: Er löst das Grundproblem dieser Spannungen nicht.

Wie im Crew-Resource-Management (CRM) bestimmen auch hier zwei Elemente über Gelingen oder Nicht-Gelingen:


  • Kommunikation
  • Entscheidungsfindung

Der Grundstein für eine nicht funktionierende Kommunikation wird oft schon innerhalb der Führungsstruktur der IT gelegt. Ihre Führungskräfte sind ausgewählt und aufgestiegen, weil sie fachlich herausragend waren.
Mit der Führung von Menschen sind sie nicht selten überfordert.
So kommt es schon innerhalb der IT durch Kommunikations-Probleme zu Stress, der „nebenbei“ noch die Fehlerquote erhöht.

Der größte Kommunikationsbruch entsteht im Austausch mit den anderen Abteilungen.
Der Sender versteht den Empfänger nicht, man kommuniziert in verschiedenen Sprach- und Denkwelten.
Die Kommunikationswissenschaft weiß seit Langem: Sendet der Sender nicht auf Empfängerebene, verhallen die Signale unverstanden im Raum.



Es sind meistens die Führungskräfte auf beiden Seiten – der IT und der jeweils betroffenen Abteilung oder Geschäftsleitung – , die die notwendige Empfängersprache nicht „gelernt“ haben.
Die daraus resultierenden Missverständnisse führen zu Konflikten und falschen Entscheidungen. Eskalierender Stress und Misserfolg sind vorprogrammiert.

Das ist aus meiner Erfahrung auch der Hauptgrund, weshalb sich Unternehmen jeder Größenordnung mit der sogenannten Digitalisierung schwertun. Der Übergang von der Geschäftsidee oder Vision zur technischen Umsetzung scheitert auf vielen Ebenen.
Die Signale aller Beteiligten können nicht nutzbringend ausgetauscht werden, weil jede Seite in ihrem Gedankenraum bleibt. Sie kennt den Stuhl der anderen Seite nicht und weiß auch nicht, wie es sich dort sitzt.
Dieses Silodenken erlaubt daher nur einen sehr langsamen Fortschritt, mit viel Kollateralschaden.
Größere Unternehmen suchen den Ausweg in einem Chief Digital Officer oder Ähnlichem.

Nicht selten steigert er das Problem noch, da auch er meistens auf Grund seiner fachlichen Qualifikation ausgewählt wurde. Die Silos bleiben verschlossen.

Wie sieht eine praktische Lösung für dieses gravierende Problem aus?


Ideal sind sicher Führungskräfte, die genau auf dieser Kommunikationsbrücke zuhause sind.
Sie sind fachlich und gedanklich in beiden Welten präsent: In ihrer eigenen und der ihres Gegenübers.
Doch diese Aussage hat die gleiche praktische Qualität wie der Wunsch, dass Krebs endgültig besiegt sein sollte.
Mit Idealen fängt man nicht an, sie sind das Ende eines zeitlich nicht immer vorhersehbaren Weges, der zudem einige unbekannte Terrains zu bewältigen hat.

Als Trainer, Manager und Mediator suche ich in der Analyse der Baustellen zunächst die verfügbaren Ressourcen. Sie sind oft gar nicht so schlecht oder rar, wie es mir anfangs geschildert wird.
Danach kommen Grundsatzgespräche mit Vorstand und Geschäftsführung.

Stellen sie die nötigen Ressourcen (personell, finanziell, zeitlich ...) nicht klar zur Verfügung, muss ich leider passen.

Erst dann geht es in die Teamfindung.
Teams darf man nicht zusammenzwingen.
Diese Erkenntnis ist Stand der modernen Forschung rund um das „Teaming“ für solche Projekte.

Die Teams müssen die Vision verstehen und für erstrebenswert halten. Dafür sind die Teamleader verantwortlich.
Dann geht es an die Detailarbeit.
Der operative Weg wird begonnen, Unter-Ziele werden gesucht, die wiederum jedes Teammitglied als wichtig und richtig erkennt. Das ist enorm relevant, sonst funktioniert das Team nicht!


Hier empfehle ich gerne das aktuelle Buch der renommierten Teamforscherin Amy C. Edmondson „Extreme Teaming“. Sie zeigt das Modell auf, das sie bei erfolgreichen Projekten dieser Art herausgefiltert hat.

Meine Aufgaben in solchen Projekten sind klar:

Herbeiführen und Bewahren der wichtigsten Voraussetzung überhaupt:
Der psychologischen Sicherheit aller Beteiligten.

Ferner:
Konflikte beseitigen; wo nötig, „Übersetzer“ in die Empfängersprache sein und Entscheidungen an den Stellen herbeiführen, wo Entscheidungen getroffen werden müssen.

Die Teams brauchen Führung und die stelle ich immer wieder sicher.

Teams müssen dann und wann fachübergreifend miteinander arbeiten, um neue Ideen oder Lösungsmöglichkeiten zu bekommen. Diese Momente erkenne ich und „stupse“ die Teamleader an, wenn nötig.
Dabei hilft mir die Lehr- und Arbeitsmethodik des Crew-Resource-Managements (CRM) sehr. Darin sind fast alle nötigen Regeln und Verhaltensmuster definiert.
Die Luftfahrt hat nämlich genau diese Herausforderung immer wieder zu meistern, und muss dafür ständig im Lern- und Trainingsprozess bleiben.
Richtig deutlich wurde die Aufgabe mit der Einführung digitaler Cockpits und der konsequenten Reduzierung auf 2-Mann-Cockpits.

Mit dem CRM ist das in allen operativen Bereichen bisher glänzend gelungen. Die Luftfahrt ist der fehlerärmste und sicherste Arbeitsplatz der Welt!
Mit dieser Vorgehensweise werden aus Visionen neue Dienstleistungen oder Produkte, und aus langsamen, sich oft im eigenen Saft drehenden Prozessen, schnell lernende schlanke Organisationsformen.

Ich gehe sogar noch weiter: Auf diese Art gewinnen Sie zukunftsweisende Ideen, wo Ihnen Visionen im Unternehmen bisher fehlen. Das entscheidet wesentlich über Ihren Fortschritt und Ihre Wettbewerbsfähigkeit.

Nein, Sie sollten nicht zum Arzt gehen, wenn Sie Visionen haben. Diese Ansicht hat ihre fragwürdige Gültigkeit verloren.
Was Sie jedoch brauchen sind die richtigen Voraussetzungen, das heißt, klare Führungs- und Arbeitsmodelle.