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Mittwoch, 14. August 2019

Qualität entsteht durch Lernen – Kommunikation ist dabei mein Erfolgsrezept

Meine Arbeit ist durch Lernen, den Austausch von Erfahrungen und steter wissenschaftlicher Fortbildung geprägt.
Nur so kann ich die Qualität meiner praktischen Arbeit in Seminaren und in Unternehmen so sicherstellen, das es dem Crew-Resource-Management auch gerecht wird.
Neben meiner Frau, die als Ärztin in der Hirnforschung promoviert hat und meine Arbeit ständig reflektiert, und dabei auch die wissenschaftlich fundierte Qualität sicherstellt, schätze ich mehr und mehr den persönlichen Kontakt zu führenden Wissenschaftlern in der Verhaltens- und Teamforschung.
Neben Amy C. Edmonson sind für mich die persönlichen Erfahrungen von James Klinect am LOSA Institute, an der Texas University in Austin sehr wertvoll.
James Klinect ist der Nachfolger von Robert (Bob) Helmreich, einem der Gründungsväter des Crew-Resource-Managements in der Luftfahrt.
Aber auch Ed Schein, dem Mitbegründer der Organisationsentwicklung danke ich sehr für seine außerordentlich wertvollen Forschungen.
Alle genannten Persönlichkeiten sind nicht nur weltweit anerkannte Wissenschaftler sondern auch sehr praxiserfahren. Sie begleiten seit Jahrzehnten die Luftfahrt, Unternehmen und Kliniken. Verhaltensforschung ist die Erforschung des menschlichen Verhaltens, individuell, im Team oder, in neuerer Zeit auch in Interaktion mit Computern. Das geht nicht im Elfenbeinturm sondern nur im Raum alltäglicher Praxis.

So freue ich mich jetzt auch sehr auf den Austausch mit Robert L. Sumwalt in meinem persönlichen Netzwerk.
Es ist für mich eine Ehre und Ansporn zugleich mit unserer Arbeit auf so hohes Interesse zu stoßen.

Als Direktor der größten Verkehrs-Sicherheitsbehörde der Welt, dem NTSB, ist er für mich ein herausragendes und vorbildliches Beispiel dafür, wie die Führungs- und Arbeitskultur des Crew-Resource-Management (CRM) in obersten Führungspositionen gelebt werden soll.
Robert Sumwalt ist Praktiker mit einem exzellenten Fachwissen über die Themen Sicherheit, Human Factors und Fehlermanagement. Mit einem Master in Luftfahrtwissenschaften mit den Schwerpunkten Sicherheit und Human Factors, mehreren Jahrzehnten Verkehrspiloten Erfahrung, u.a. bei US-Airways und als Top-Manager in einem Fortune 500 Konzern der USA weiß er worüber er redet.
Ende der 1990er-Jahre war er einer der maßgeblichen Gestalter des ASRS (Aviation Safety Reporting System) der NASA. Es zählt heute zu den Säulen des Thread and Error Managements (TEM) in der Luftfahrt, einem entscheidenden Erfolgselement des CRM. Es ist längst ein Benchmark im Qualitätsmanagement.
Robert Sumwalt ist Autor zahlreicher Fachartikel und Co/Gast-Autor mehrerer Standardwerke im Bereich Sicherheit im Luftverkehr.
2006 durch Präsident George W. Bush als Boardmember und Vizedirektor der NTSB berufen ist er seit 2017 ihr Direktor.
Robert Sumwalt erhielt zahlreiche Auszeichungen für seine Verdienste um die Luftfahrtsicherheit. Seit 2003 ist er Lehrbeauftragter und seit 2009 Ehrendoktor der Universität von Kalifornien. Es gibt kaum einen anderen Fachmann in oberster Position, der die Sicherheit im modernen Welt-Luftverkehr gegenwärtig so vorbildlich prägt wie er.

Montag, 22. Juli 2019

Head of Nothing - Team Lead of Irgendwas

Mit fassadenschmückenden Titeln und Organisationsmodellen aus dem Lehrbuch (teilweise wenig bis gar nicht wissenschaftlich belegt) wird oft versucht schnellen Veränderungen Herr zu werden.
Die Titelträger tragen meistens weder echte Verantwortung noch gibt es für die Vorhaben geeignete Rahmenbedingungen im Unternehmen.
 Häufig erzählen mir Manager von der Unmöglichkeit ihrer Zielvorgaben. Das betrifft vor allem die Digitalisierung. Sie wird an Rahmenbedingungen und Vorgaben geknüpft, bei denen die gewünschten Ziele niemals erreicht werden können.
Offen kommuniziert wird das jedoch in Unternehmen nicht, aus Angst vor Ausgrenzung und Karrierenachteilen. Man schluckt lieber alles knirschend und guckt sich latent nach einem anderen Job um. Die Fluktuationsquoten, Zahlen über Burnouts und inneren Kündigungen sprechen für sich.

Das gravierendste Problem ist jedoch ein anderes.
Mit diesen Titelgirlanden- und Organisationsaktivismus fängt das Management am falschen Ende an.
Denn, das Verhalten der Beteiligten, vor allem der Führungskräfte (auf die kommt es an) ändert sich nicht. Da bleibt alles beim Alten, eingebettet in einer Führungskultur formaler Barrieren, Angst und damit Ablehnung von wirklicher Verantwortung.

Der Weg zur lernenden Organisation kennt aber nur eine wirksame Formel:
Verhaltensänderung kommt vor Struktur (Organisation)! Und das ist wissenschaftlich übereinstimmend belegt. Alles andere führt zu noch mehr Frust und Fehlern.

Wenn der richtige Weg bereits sehr gut wissenschaftlich erforscht und dokumentiert ist sowie im
Crew-Resource-Management in der Luftfahrt seit mehr als 30 Jahren äußerst erfolgreich gelebt wird, warum findet er in Industrie, Kliniken und Organisationen keine oder nur sehr vereinzelt Nachahmer?

Montag, 8. Juli 2019

Change – warum scheitert er so oft?

Die internationalen Top-Referenten und gefragten Coaches David Grebow und Stephen J. Gill geben einen prägnanten und fundierten Überblick darüber warum Unternehmen sich verändern müssen. Es ist notwendig, damit Organisationen in einem immer schneller und sich laufend ändernden Geschäftsumfeld fehlerarm lernen können. Sie beschrieben weiter, wie moderne Managementpraktiken Ihnen dabei helfen können.

Ihr Buch „Minds at Work“ (Link zu Amazon) ist ein Bestseller unter der Management-Literatur.
 Sie zeichnen sehr anschaulich den Weg hin zu einer „Learning Organization“ (Link zu Amazon), wie Amy C. Edmondson und E.H. Schein sie schon in Ihren Veröffentlichungen als zukunftsweisend darstellen.

Was ist eine Learning Organization?


Mit dem Begriff Organisation ist hier das Unternehmen, die Klinik, die Behörde oder eine andere Form von Arbeitsgemeinschaft angesprochen. Eine lernende Organisation ist nicht mit der Arbeitsorganisation im Unternehmen, also Organisationsstrukturen, zu verwechseln.

Der Begriff ist aus dem Englischen (US) ins Deutsche übersetzt. Dort wurde und wird die „Learning Organization“, im Fortgang der modernen Verhaltensforschung und Organisationspsychologie, geprägt.

In diesem Zusammenhang empfehle ich die Literatur von E.H. Schein, Amy c. Edmondson, D. Norman und J.R. Hackman, alles Wegbereiter der heutigen Verhaltenspsychologie.

Was ist nun eine lernende Organisation oder ein lernendes Unternehmen?

Der Begriff beschreibt die Fähigkeit von Arbeitsgemeinschaften, mit schnellen Veränderungen der Umgebung fehlerarm umzugehen, und sie für die eigene Fortentwicklung ebenso schnell zu nutzen.

Eine lernende Organisation kann sich schnell ändernden Faktoren stellen und sie für die eigenen Ziele effizient einsetzen. Sie wird dabei nicht in ihrer operativen Arbeit behindert, und es werden keine ständig neuen Ausnahmezustände geschaffen.

Die in einer lernenden Organisation arbeitenden Menschen haben Verhaltensmuster gelernt und trainiert, die eine reibungsarme, offene Kommunikation und fehlerarme Entscheidungsfindung fördern.

Fehler machen, lernen und korrigieren sind in solchen Organisationen natürlicher Bestandteil der täglichen Arbeit.

Das Crew-Resource-Management der Luftfahrt hat im operativen Bereich genau das geschafft, und damit ein einzigartig fehlerarmes und effizientes Führungs- und Arbeitsmodell etabliert. Die Luftfahrt ist die einzige Organisation, die weltweit den Beweis für das Funktionieren eines neuen Führungs-Modells unter sich schnell verändernden Umgebungsfaktoren angetreten hat.
Ich zitiere David Grebow und Stephen J. Gill nur in einem einzigen Punkt, und Ihnen wir sofort klar, dass die herkömmlichen Versuche, Change zu gestalten scheitern müssen.

Zitat:
Unternehmen sollten sich an den weit verbreiteten Wandel anpassen, indem sie ihre Überzeugungen und Praktiken des Managements aktualisieren. Sie führen näher aus:

Arbeiten, die die körperliche Arbeit über das Denken stellen, dominieren seit Jahrtausenden die Weltwirtschaft. So wurde aus der "Verwaltung der Hände" eine Wissenschaft - die Wissenschaft des Managements.

Um 1980 verlagerte sich die Wirtschaft. Die Arbeiter benutzten ihren Verstand mehr als ihre Hände. Die verarbeitende Wirtschaft wurde zu einer Dienstleistungswirtschaft und dann zu einer informationsbasierten Wirtschaft. Heute konkurrieren Arbeitnehmer und Unternehmen in einer wissensbasierten Wirtschaft.

Individuelle und kollektive Gedankenkraft sind die größten Vermögenswerte und Fähigkeiten eines jeden Unternehmens.

Die meisten Unternehmen sind nach wie vor in den Betriebsarten der Kommando- und Kontrollfunktionen des 20. Jahrhunderts tätig. Sie verwalten Hände, nicht Köpfe. Schulen mit MBA-Programmen konzentrieren sich nach wie vor auf traditionelle Managementpraktiken. Unternehmen, die sich auf Hände konzentrieren, neigen dazu, in einer schnelllebigen, sich ständig verändernden und miteinander verbundenen Welt zu versagen. Die Minderheit - diejenigen, die den Geist leiten - gedeihen auf der ganzen Welt. Sie stellen das Lernen in den Vordergrund ihrer Strategie.

(Change)Manager werden heute noch nach Kriterien der Kommando- und Führungsstruktur des 20. Jahrhunderts gesucht. Fachkarrieren, basierend auf Fach-Studiengängen dominieren die „Soll-Beschreibung“ im Recruiting von (Change)Managern.
 Kennen Sie eine Stellenbeschreibung, kennen Sie alle.

Dabei kann nur Frust und Verlust herauskommen. Die Praxis zeigt das auch – 80% aller Veränderungsbemühungen scheitern schon im Frühstadium.


Einer der weltweit führenden Verhaltens- und Fehlerforscher, James Reason, beschreibt es sehr schön in den 8 Phasen der Veränderung. Die meisten Unternehmen erreichen nicht mal die Phase 4 (Wir wissen wie, glauben aber nicht, dass wir es schaffen).

Über 50% der Mitarbeiter in Unternehmen haben innerlich gekündigt – und sind für das Management somit kaum mehr erreichbar.

Wir ereifern uns in neuen Formen der Arbeitsorganisation bevor wir auch nur annähernd das Fundament dafür gelegt haben. In meinem neuen Buchprojekt wird es genau darum gehen.

Verhalten kommt vor Struktur (Arbeitsorganisation). Das ist die gemeinsame Erkenntnis der führenden Verhaltens- und Organisationspsychologen.

Die Unternehmen machen es jedoch meist umgekehrt. Neue Titel, neue Strukturen aber – altes Verhalten. Genauso kollabieren Veränderungsvorhaben, und die lernende Organisation wird unerreichbar.

Gefordert sind hier nicht nur die C-Ebenen in Unternehmen. Mehr noch sind es die Eigentümer, Aktionäre, Gesellschafter oder deren Vertreter (Aufsichtsräte), die einen zukunftsfähigen Umbau des Unternehmens, der Klinik oder der Organisation anstreben und durchsetzen müssen.

Der Luftfahrt ist es genau von dort oben gelungen, in Allianz mit renommierten Wissenschaftlern und staatlicher Unterstützung (NASA, FAA, DLR). Sie hat es geschafft, ein Modell sowie eine Lehr- und Trainingsmethode zu entwickeln, die nicht nur die Verhaltensmuster der entscheidenden Personen (den Kapitänen) nachhaltig veränderten, sondern auch deren Akzeptanz für neues Führungsverhalten gefördert haben.

So konnten die Kapitäne, immer wieder darin trainiert, mehr und mehr vorbildhaft und überzeugend handeln.

Die Verhaltensforscher wussten: Vorbilder erzeugen Nachahmer. So setzten die gewünschten Verhaltensmuster zur Seitwärtsbewegung an, erst innerhalb der Crew und dann immer weiter – heute in allen Bereichen der operativen Luftfahrt.

Das Crew-Resource-Management lässt sich in andere Organisationen gut übertragen. Es ist der sichere Weg hin zu einer lernenden Organisation. Sie müssen ihn nur gehen – und ganz oben starten.

Lesen Sie dazu noch eine kleine Geschichte, die sich vor etwa einem Jahr in den USA tatsächlich so zugetragen hat.
Ich habe sie aus dem öffentlichen Fehlermanagement-System ASRS (Aviation Safety Reporting System) der US-Luftfahrt. Es kann von jedermann eingesehen und über die NASA per Newsletter sogar abonniert werden.

Diese Geschichte soll Ihnen Mut machen und zeigen, wie lohnenswert und fruchtbar es für alle Beteiligten ist, eine lernende Organisation anzustreben.

Dienstag, 23. Januar 2018

Lean Management – alles andere als eine Erfolgsstory

In den letzten Monaten werde ich immer mehr von Führungskräften, vor allem der oberen Ebenen, gefragt:
„Haben Sie eine praxisbewährte Methode, Lean Management schneller und reibungsfreier einzuführen?
Bei uns dringen gewünschten Ziele und Handlungsmuster nicht richtig in die betroffenen Bereiche durch.“



Die Manager sind unzufrieden.

Die Ziele, Geschäftsprozesse schlanker und effizienter zu machen, Entscheidungswege deutlich zu verkürzen, Verantwortung von Teams und Einzelner zu stärken, Fehler deutlich zu minimieren und damit letztlich bessere Leistungen gegenüber dem Kunden zur Verfügung zu stellen, erreichen Unternehmen häufig in bestehenden Lean-Prozessen nicht.

Nicht selten endet der Weg in erheblichen Kollateralschäden. Mitarbeiter werden frustriert und perspektivlos. Sie kündigen (die Leistungsträger) oder schwenken auf „Dienst nach Vorschrift“ um.
Auch hohe Krankenstände sind die Folge.

Ich erfahre in Gesprächen mit namhaften Arbeitsrechtskanzleien immer häufiger, dass ganze Abteilungen in Unternehmen und Kliniken geschlossen das Unternehmen verlassen.
Selbst Kreditgeber und Aktionäre werden auf die Folgen falscher Personalführung und Gewinnung langsam aufmerksam.

Ändern tut sich jedoch wenig, weil Verantwortliche, Berater und Verbände sich in Buzzword gesteuerten Kokons um sich selbst bewegen.
Es ist wie in der Politik, alle reden vom Aufbruch in eine neue Kultur und zu neuen Wegen, doch kaum einer bewegt sich wirklich dorthin.

Dabei findet sich in der Geschichte des Crew-Resource-Managements der Luftfahrt ein praxisbewährtes Modell und eine Methode, wie Lean Management erfolgreich umgesetzt wird.

Es ist ohne Abstriche auf Unternehmen und Kliniken anzuwenden.

Der Weg ist weder bequem, noch geht er "ruck zuck" und – er erfordert Disziplin, echten Willen und Tatkraft von Seiten der Verantwortlichen in Unternehmen und Kliniken ...

Lesen Sie Antworten in "Lean Management vs. Crew-Resource-Management"

Dienstag, 9. Januar 2018

Es läuft nicht nach Plan – und jetzt?

Nach meinen Ausführungen zur „learning organisation“ auf dem Flug von München nach Innsbruck bin ich am Zielflughafen glatt vorbeigeflogen – und aufgepasst, wo ich bin, habe ich auch nicht richtig.

Das würde natürlich auf der Linie nie passieren, keine Sorge ;)

Nun, es ist eine ganz prima Übung, die situational awareness komplett und sicher wieder herzustellen, ohne Stress aufkommen zu lassen. Umgeben von hohen Bergen sollte bei diesem Prozess, im Anflug auf einen der weltweit schwierigsten Flughäfen kein Fehler passieren, sonst endet es schnell tödlich.

Also, ich werde das bewährte System zum Wiederherstellen der Übersicht anwenden:
die anstehenden Aufgaben portionieren, sequenzieren, delegieren.

Es ist das gleiche System, um im workload management Stress zu vermeiden. Ich bin, wie meistens im Video, alleine unterwegs.

Da werden Sie sich fragen: an wen will er denn delegieren?

Da habe ich jemanden – die Computer. Immerhin wird der „schlaue“ A320 ja von einer Vielzahl Bordrechnern unterstützt und die werden jetzt meine „Partner“

Aber Vorsicht: ich muss mit Ihnen ganz anders umgehen als mit Menschen!

Die Spielregeln dazu erkläre ich beim Rollen zum Gate nach der Landung im schönen Innsbruck. Dann wird´s nicht langweilig ;)


Das ganze Video ist detailliert von mir kommentiert, so dass Sie die Kommunikation mit den Bordsystemen und den Aufbau des neu zu planenden Anfluges auf diesen schwierigen Airport 1:1 in Echtzeit miterleben können.

Ich hoffe, die gut 20 Minuten Flugzeit vergehen für Sie wie im Fluge :)

Dienstag, 2. Januar 2018

No more change please

Es ist das bedrohliche Unwort unserer Zeit geworden: „Change-Management“.

Kaum ein Unternehmen stolpert nicht ständig von einem Change-Projekt ins nächste.
Kaum ein Manager und schon gar keine Mitarbeiter verstehen den Grund, warum schon wieder ein „Change“ stattfindet.
In den vielen Gesprächen mit Führungskräften aller Ebenen bemerke ich eine Ermüdung bei diesem Thema. Sie fühlen sich in einem nie endenden Nebel gefangen.

Viele Studien besagen, dass seit der Einführung von sogenannten Change-Prozessen in den
1970er-Jahren diese konstant zu 60-70% scheitern.
Sie lähmen Unternehmen über lange Zeiträume, kommen selten zu dem Ergebnis, das sie liefern sollen und sind, wenn einigermaßen am Ziel, oft mit enormen Kollateralschäden verbunden.
Sie erzeugen eine hohe Fluktuation, vor allem bei den Leistungsträgern und Fachkräften.
Krankenstände steigen und die Zahl der Mitarbeiter mit innerer Kündigung wächst.
Endgültig zu versagen drohen Change-Prozesse in Zeiten schneller werdender Veränderungen durch neue Technologien und Globalisierung. Die Halbwertzeit von Entscheidungen, Produkten und Dienstleistungen sinkt stetig.
Außer, dass immer neue „Buzzwords“ für diese Phänomene benutzt werden, ändert sich in den Unternehmen wenig.

Warum erzielen Change-Vorhaben oft einen so gravierenden Misserfolg?

Die Antwort darauf gibt in großen Teilen die Geschichte und Praxis des
Crew-Resource-Managements der Verkehrsluftfahrt.

Die Luftfahrt lebt seit Anfang der 1980er-Jahre in gewaltigen Veränderungen:
  • Sie wurde Massenverkehrsmittel.
  • Mit dem Airbus A320 zog die Digitalisierung mit Wucht ins Cockpit ein.
  • Aus den 3 bis 4 Mann im Cockpit wurden in allen Flugzeugkategorien in kürzester Zeit 2 Piloten. Auch ein Airbus A380 wird von nur 2 Piloten geflogen.
  • Mit dem Aufkommen der Billigairlines verkürzten sich die Ground-Handling-Zeiten auf 20 Minuten im Kurz- und Mittelstreckenverkehr sowie 2 Stunden im Langstreckengeschäft.
  • Die Crews wurden internationaler und wechseln häufig.
  • Die Wartungszeit der Flugzeuge wurde in nur 20 Jahren um 50% kürzer.
  • Der Luftraum wird immer voller. Es befinden sich ständig mehr als 1 Million Menschen in der Luft, an jedem Tag im Jahr.
Das alles ereignete sich in einem Zeitraum von rund 30 Jahren.
Trotzdem schaffte es die Verkehrsluftfahrt, zum sichersten Arbeitsplatz der Menschheitsgeschichte zu werden.
Heute verliert eine renommierte Airline alle 50 Jahre ein Flugzeug, bald wird es alle 100 Jahre sein.
Dabei widersprechen sich Sicherheit und Effizienz hier keineswegs, wie Sie an den Fakten zur Veränderung sehen.


Warum funktioniert das in der Luftfahrt und nicht in anderen Bereichen der Arbeitswelt?

Ist es die moderne Technik, die das Fliegen so sicher und effizient macht? Nein!
Die Entwicklung und die Forschung zeigen, dass auch modernste und zuverlässigste Technik nicht in der Lage ist, Fehler zu verhindern. Die digitalen Cockpits ließen sogar kurzzeitig die Unfallzahlen wieder steigen.

Beschäftigt man sich eingehend mit der Forschung im Crew-Resource-Management (CRM), dem Führungs- und Arbeitsmodell der Luftfahrt seit nunmehr 30 Jahren, so stößt man auf ein verblüffendes Phänomen:
die Begriffe „Change“ oder „Changemanagement“ haben dort, trotz der gewaltigen und ständigen Veränderungen, nie Einzug gefunden.

Dabei entwickelt sich auch das CRM schnell und stetig weiter. Es ist jetzt in der 6. Entwicklungsstufe und fordert die weltweite Gemeinschaft von Wissenschaft, Airlines, Herstellern, Ground-Services, Flughäfen, Flugverkehrskontrolle, Behörden und Gesetzgeber und last but not least die Crews in Cockpit und Kabine immer wieder aufs Neue heraus.
Hier sehen Sie, dass in dieser Gemeinschaft die unterschiedlichsten Berufsgruppen miteinander arbeiten.
Auch die verschiedensten Bildungsgrade treffen aufeinander: vom einfachen Arbeiter bis zum höchsten Akademiker – und das in einem hochsensiblen Umfeld.
Alle müssen so miteinander arbeiten, dass ein Flugzeug nahezu rund um die Uhr hunderte Menschen bei fast jedem Wetter um den Globus transportiert, mit einer Sicherheit und Präzision, die weltweit einzigartig ist.

Wie funktioniert das also, ohne das Damoklesschwert „Change“?

Die Antwort ist eigentlich simpel und basiert auf einer lange bekannten Erkenntnis der Psychologen:

Der Mensch mag keine Veränderungen. Davor hat er Angst! Die will er nicht. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.
Aber: der Mensch ist neugierig und lernt gerne dazu. Es müssen nur die richtigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Dazu gehören nachvollziehbare Strukturen und Regeln, Vertrauen und Wohlwollen („psychologische Sicherheit“) und vor allem die Beteiligung aller am Lernprozess.
So wurde im CRM der Begriff der „learning organisation“ gewählt.

Die lernende Organisation prägen folgende Punkte:

  • Lernende Organisationen sind ein Prozess und werden auch so gelebt. Das bedeutet, sie sind Vektoren, ohne Ende. Das macht sie selbstverständlich und definiert keine Ausnahmesituation.
  • Alle in ihr gestalteten Vorgänge erfüllen die oben genannten Voraussetzungen. Das betrifft alle Elemente, wie Kommunikation, Führung, Entscheidungsfindung, Stressmanagement und der Umgang mit Fehlern.
  • Alle Prozesse werden nach klaren, für alle Beteiligten transparenten und verständlichen Regeln definiert und, wo es geht, standardisiert.
  • Das Team und das Individuum und ihre ständige Weiterentwicklung sind in allen Prozessen zentraler Bestandteil.
  • Alle an der lernenden Organisation beteiligten Partner kennen und verstehen diese Regeln und ihre Ziele. Das sind in der Luftfahrt sogar die staatlichen Instanzen - über alle Ländergrenzen hinweg.
  • Die Kommunikation untereinander erfolgt offen und angstfrei. Die Nachricht steht im Mittelpunkt, nicht der Überbringer.

Die Manager und Entwickler dieser ständig währenden Lernprozesse gehören zu der Organisation, sie sind stets präsenter Bestandteil. Das zeichnet vor allem die Forschung und staatlichen Instanzen aus. Nur so können z. B. Zwischen- und Unfälle vorurteilsfrei und unter engagierter Beteiligung aller vollständig aufgeklärt werden.

Der Mensch steht in der Gestaltung und Weiterentwicklung der Prozesse im Vordergrund, und sein Umgang mit der Technik, nicht die Technik selbst!
Deshalb wird auch nicht jeder Technik-Hype sofort in Flugzeuge eingebaut. Und trotzdem ist das Cockpit heute ein nahezu papierloser Arbeitsplatz geworden, der von Crews auch als solcher angenommen wird. Sind sie doch an der Gestaltung aktiv beteiligt.

Vergleichen Sie jetzt die beschriebenen Punkte mit denen praktizierter „Change-Vorgänge“.
Dann wird Ihnen schnell klar, warum „Change-Management“ so selten funktioniert und immer wieder und immer schneller Unternehmen bis in den Untergang treibt.

Der Begriff kommt daher in meinen Mandaten auch nicht vor. Ich habe ihn seit langem abgeschafft und durch die Gestaltung von lernenden Organisationen ersetzt.
Und noch etwas gehört in diesem Zusammenhang gestrichen: nebulöse und unpräzise Buzzwords.
Sie kommen in meiner Praxis auch nicht vor.
Im CRM haben diese Nebelkerzen in 3 Jahrzehnten nie Einzug gefunden, obwohl die Crews in Cockpit und Kabine, am Boden und in den Verkehrsleitstellen an hochmodernen, extrem effizienten und vor allem einzigartig sicheren Plätzen arbeiten.

Diese Erkenntnisse sind nicht geheim und eigentlich auch nicht neu.
Neu wäre es für Unternehmen, Kliniken und Organisationen, sie konsequent in ihrer eignen Welt umzusetzen.
Sicher, es dauert ein wenig, erfordert Geduld, Beharrlichkeit, Lernbereitschaft, Demut, Ehrlichkeit (auch sich selbst gegenüber), Vertrauen und Wohlwollen.

Meine Erfahrung ist: die Menschen folgen und vertrauen Ihnen auf diesem Weg, wenn Sie das richtige Vorbild abgeben, nur Mut!

Quellen:

Lee, M., and Edmondson, A. (2018) Self-managing organizations: Exploring the limits of less-hierarchical organizing, Research in Organizational Behavior, Research in Organizational Behavior.

Edmondson, A. (1999) Psychological Safety and Learning Behavior in Work Teams, Administrative Science Quarterly, Administrative Science Quarterly 44, 350–383.

Kanki, B. G., Helmreich, R. L., and Anca, J. (2010) Crew Resource Management, Second Edition, Elsevier, Amsterdam